VHS-Vortragsreihe

Online-Vortragsreihe zum Thema „Erhalten, was uns erhält“

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Um die Bedeutung der biologischen Vielfalt einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, werden im Herbst 2023 sechs Online-Vorträge zu unterschiedlichen Aspekten der Biodiversität stattfinden.

Die landschaftliche Vielfalt Baden-Württembergs spiegelt sich im großen Artenreichtum des Landes wider: Hier leben rund 50 000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten! Gut geht es aber lange nicht allen. Auch hierzulande beobachten wir einen dramatischen Artenschwund. Die Bestände sind inzwischen oft so ausgedünnt, dass viele Arten unmittelbar vom Aussterben bedroht sind. Etwa 40 Prozent der Arten sind nach den aktuellen Roten Listen stark gefährdet. Mit dem Sonderprogramm finanziert das Land viele Projekte im Bereich Natur, Umwelt, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Verkehr, um die biologische Vielfalt zu erhalten und zu stärken. Aber auch die entscheidende Bedeutung der Vielfalt für unser aller Leben muss mehr in unser Bewusstsein rücken, unsere eigene Rolle und unsere Möglichkeiten, selbst Biodiversität zu unterstützen. In dieser Vortragsreihe im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg geben Expertinnen und Experten Informationen und Impulse zu Artenvielfalt und Artenschutz.

Format

Die Referentinnen und Referenten halten über eine Online-Plattform einen Impulsvortrag. Anschließend folgt eine moderierte Diskussion unter Einbeziehung des Publikums. Die Veranstaltung wird via Livestream übertragen. Zuhörerinnen und Zuhörer können über ein Fragetool Fragen stellen. Die Veranstaltung wird aufgezeichnet (Teilnehmende sind nicht sichtbar).

Mi, 5. Oktober 2022, 18 Uhr
Das Sterben der Insekten: Daten, Ursachen, Maßnahmen
Prof. Dr. Johannes Steidle

Spätestens mit dem Bekanntwerden der „Krefelder Studie“ zum Insektenrückgang im Herbst 2017 ist klargeworden, dass das weltweite Artensterben nicht nur in fernen Ländern, sondern auch hier in Mitteleuropa stattfindet. In dem Vortrag werden Daten zum Biodiversitätsverlust insbesondere bei Insekten in Deutschland präsentiert, die hauptsächlichen Treiber genannt und die Bedeutung der biologischen Vielfalt für die Gesellschaft dargestellt. Der Vortrag geht auch auf die Gegenmaßnahmen ein, die zur Lösung dieses gesamtgesellschaftlichen Problems von Politik, Landwirtschaft und Gesellschaft beitragen können.

Zum Referenten:
Prof. Dr. Johannes Steidle ist seit 2003 Professor für Chemische Ökologie an der Universität Hohenheim und seit 2020 Vorstand im Kompetenzzentrum Biodiversität und Integrative Taxonomie (KomBioTa) Universität Hohenheim. Sein Interesse gilt den chemischen Signalen, die der Informationsübermittlung zwischen Individuen dienen. Insekten sind sein Forschungsschwerpunkt und er möchte zu einem besseren Verständnis ökologischer Zusammenhänge und evolutionärer Prozesse wie die Entstehung neuer Arten beitragen.

Mi, 19. Oktober, 18 Uhr
Macht Vielfalt gesund? Auswirkungen der Biodiversität im Wald auf unsere Gesundheit
sowie
Do, 20. Oktober, 18 Uhr
Digitaler Vortrag im Naturkundemuseum Stuttgart

Prof. Dr. Michael Scherer-Lorenzen

Waldökosysteme sind ein wichtiges Reservoir für die biologische Vielfalt in den vom Menschen geprägten Landschaften Mitteleuropas und erbringen zahlreiche Ökosystemleistungen. Der Kontakt mit Wäldern oder einer natürlichen Umgebung kann sich positiv auf die menschliche Gesundheit auswirken, v.a. bei nicht übertragbaren Krankheiten wie psychischen Störungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Beitrag der biologischen Vielfalt in Wäldern zu Gesundheit und Wohlbefinden ist aber noch nicht ausreichend erforscht. Die biologische Vielfalt kann dabei sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben, letztere z. B. durch vektorübertragene Krankheiten oder pollenbedingte Allergien. Im Vortrag werden u.a. neue Erkenntnisse aus dem europäischen Projekt Dr. Forest vorgestellt.

Zum Referenten:
Prof. Dr. Michael Scherer-Lorenzen ist Pflanzenökologe und leitet die Professur Geobotanik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Er befasst sich mit den Auswirkungen von Veränderungen der Biodiversität für die Integrität und Funktionsweise von Ökosystemen. Er koordiniert das europäische Projekt Dr. Forest, das die Bedeutung der biologischen Vielfalt in Wäldern für die menschliche Gesundheit untersucht.

Mi, 16. November, 18 Uhr
Sortenvielfalt beim Gemüse: "Essen statt vergessen"
Prof. Dr. Roman Lenz

Der Vortrag stellt die genetische Vielfalt insbesondere unserer Kulturgemüsepflanzen in den Mittelpunkt der Betrachtungen. Es ist ein besonderer Rückgang der genetischen Ressourcen und damit eines wesentlichen Bereichs der Biodiversität in den vergangenen 100 Jahren zu verzeichnen. Hier wird besonders deutlich, was unsere Kulturlandschaft im Bereich der Biodiversität mit der menschlichen Nutzung – insbesondere in Anbau und Ernährung – verbindet und damit zu einer Inwertsetzung der Biodiversität, für jeden spürbar, beitragen kann.

Mit Fokus auf Deutschland werden Beispiele selten gewordener Kulturpflanzensorten und deren Nutzbarkeiten auf Feldern, Gärten bis hin zum Teller beschrieben – immer im Kontext zur Biodiversität und zur gesellschaftlichen Relevanz. Ebenso werden Initiativen vorgestellt und gewürdigt, die zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität einen wesentlichen Beitrag leisten.

Zum Referenten:
Dr. Roman Lenz war von 1996 bis 2022 Professor für Landschaftsplanung und Landschaftsinformatik an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, Nürtingen-Geislingen, von 2014 bis 2022 Dekan der Fakultät Umwelt Gestaltung Therapie und (seit > 2009) Studiengangleiter des International Master of Landscape Architecture (IMLA).  Seine Forschungstätigkeiten sind Umweltbilanzierungen, Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität in Landwirtschaft, Landschaften und Kommunen.

Er ist seit 2012 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des UNESCO Global Geopark Schwäbische Alb e.V. und seit 2018 Vorsitzender der deutschsprachigen Sektion der Internationalen Vereinigung für Landschaftsökologie (IALE-D). Mitte 2015 initiierte er zusammen mit dem Alblinsen-Förderverein das Projekt „Genbänkle – ein Netzwerk zur Förderung der Kulturpflanzenvielfalt in Baden-Württemberg“ und ist seit 2017 dessen Sprecher. Im Dezember 2019 wurde er von MP Kretschmann in den Fachbeirat „Sonderprogramm Biologische Vielfalt“ des Landes Baden-Württemberg berufen.

Mi, 30. November 2022, 18 Uhr
Multifunktionelle Stadtnatur – Wie Biodiversität für ein rundes Stadtbild sorgt
Dr. Philipp Unterweger

Biodiversität ist mehr als Bienchen und Blümchen. Biodiversität ist das Fundament für einen funktionellen Stadtorganismus. Verschiedene Herausforderungen unserer Zeit können bei der genauen Betrachtung mit naturbasierten Lösungen wirkungsvoll bearbeitet werden. Die Stadtnatur wird so zu einem Funktionsträger um die 17 Ziele der nachhaltigen Entwicklung (17 SDGs), welche von den Vereinten Nationen formuliert wurden, zu erfüllen. Urbane Biodiversitätskonzepte sind somit ganzheitliche Methodenbündel, welche durch die drei Säulen der biologischen Vielfalt (Systemvielfalt - Artenvielfalt - Genvielfalt) verschiedene und tiefgreifende Veränderungen des urbanen Raums fordern und fördern. Von der Bereitstellung ökosystemarer Funktionen bis zum Genuss von Natur als psychosozialem Erlebnisraum bietet sich eine große Bandbreite der Maßnahmen im urbanen Raum.

Zum Referenten:
Dr. Philipp Unterweger ist studierter Biologe und Germanist. Nach seiner Promotion an der Schnittstelle von Insektenförderung und Naturakzeptanz in Stadtgebieten arbeitete er in der freien Wirtschaft und gründete sein Fachbüro zur Biodiversitätsberatung. Seine Beratung ist in erster Linie der Biodiversität verpflichtet und erschließt daher neue Herangehensweisen bei der Integration nachhaltiger Vielfaltskonzepte. Neben der Erstellung von urbanen Biodiversitätskonzepten für Kommunen berät Philip Unterweger Industrie und Landwirtschaft bei der Integration von Biodiversität im Geschäftsmodell und bei der Umsetzung von naturnahen Betriebsstandorten.

Mi, 7. Dezember 2022, 18 Uhr
Moderne Landwirtschaft aus dem Blickwinkel der Bienen
Dr. Klaus Wallner

Honigbienen und ihre Verwandten, die Hummeln und Solitärbienen, sind konsequente Vegetarier. Sie ernähren sich ausschließlich von Nahrungsquellen, die in Verbindung mit der Pflanzenwelt stehen. Im Gegensatz zur Honigbiene, die als sogenannter Generalist eine Vielzahl von Pflanzenarten als Nektar- und Pollenquelle nutzen kann, finden wir vor allem bei den Solitärbienen starke Abhängigkeiten von bestimmten Pflanzenarten und darüber hinaus noch besondere Ansprüche an die Nistmöglichkeiten. Aus der Sicht aller Blütenbesucher haben sich die Landschaften in den letzten Jahrzehnten massiv verändert und schränken dadurch die Überlebenschancen vieler Bienenarten zunehmend ein. Welche Rolle spielen die Landwirtschaft und der chemische Pflanzenschutz? Was können und müssen wir tun, um die Artenvielfalt dieser wichtigen Bestäuber zu sichern?

Zum Referenten:
Dr. Klaus Waller ist Bienenexperte und Leiter des Rückstandlabors an der Landesanstalt für Bienenkunde der Universität Hohenheim. Mit verschiedenen Initiativen unterstützt er die biodiverse Landwirtschaft.

Mi, 21. Dezember 2022, 18 Uhr
Biodiversität und Klimawandel
Prof. Dr. Alexander Peringer

Der Klimawandel verändert die Lebensräume in unseren Landschaften und damit die Grundlage der Biodiversität. Der Vortrag gibt einen Überblick über den Einfluss klimatischer Veränderungen in vorgeschichtlicher und geschichtlicher Zeit als Grundlage, um die Bedeutung rezenter und zukünftiger klimatischer Veränderungen zu verstehen. Es werden naturnahe Ökosysteme und Nutzökosysteme besprochen, die für die Biodiversität von besonderer Bedeutung sind.

Zum Referenten:
Dr.-Ing. Alexander Peringer ist Professor für Landschaftsökologie und Ressourcenschutz an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen Geislingen HfWU und Direktor des Forschungsinstitutes für Landschaft und Umwelt ILU. Sein Forschungsschwerpunkt ist Landschaftswandel unter Veränderungen von Landnutzungssystemen und Klima. Die Ergebnisse, vorwiegend aus strategischen Computersimulationen landschaftlicher Veränderungen in über Europa verteilten Studiengebieten, finden sich in zahlreichen Veröffentlichungen (https://www.researchgate.net/profile/Alexander-Peringer/research).

Weitere Information:

Eine interaktive Karte, auf der die teilnehmenden Volkshochschulen zu sehen sind, sowie die Möglichkeit zur Anmeldung für die kostenfreien Vorträge ist zu finden auf https://www.vhs-bw.de/biologische-vielfalt/