Tierschutz

Der Krieg in der Ukraine verursacht Leid für Mensch und Tier

Hund und Katze

Viele Geflüchtete bringen ihre Haustiere mit nach Baden-Württemberg; wie Tierfreunde helfen können.

Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar 2022 herrscht nach über 70 Jahren erneut ein Krieg in Europa. Unzählige Menschen sterben und verlieren über Nacht alles, was sie sich aufgebaut haben. Nach drei Wochen Krieg hatten bereits über drei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer ihr Land verlassen. Meist sind dies Frauen und Kinder, während die Männer im Land bleiben müssen, um es gegen die russischen Angriffe zu verteidigen. Nach der Trennung von ihren männlichen Familienangehörigen wollen viele nicht auch noch ihre Haustiere im Krieg zurücklassen und nehmen sie auf die Flucht mit. Denn die Tiere gehören für die meisten ebenso zur Familie und bieten eine wichtige Stütze in diesen ungewissen Tagen.

Teilweise tagelang müssen die Geflüchteten mit ihren Tieren aufgrund langer Wartezeiten an den Grenzübergängen aus der Ukraine ausharren. „Da die Ukraine ein Land mit unklarer Tollwutsituation ist, dürfen Hunde, Katzen und Frettchen laut EU-Verordnung nur in die EU eingeführt werden, wenn sie über einen Mikrochip, eine Tollwutimpfung und eine amtstierärztliche Genehmigung verfügen. Inzwischen haben die EU-Mitgliedsstaaten die Einreise für diese Tiere jedoch erleichtert, sodass sie nun auch ohne Genehmigung und Impfung mitgeführt werden dürfen“, erklärt die Landestierschutzbeauftragte Dr. Stubenbord in Stuttgart. Seit Beginn des Krieges kümmern sich Tierschutzorganisationen an den Grenzen zur Ukraine um eine tierärztliche Versorgung, Impfungen oder das Einsetzen von Mikrochips und verteilen Spendengüter.

Täglich kommen allein in Berlin ungefähr 100 Hunde und Katzen mit Geflüchteten an. In Deutschland bittet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft alle aus der Ukraine geflüchteten Haustierhalter, sich bei den lokalen Veterinärbehörden zu melden, um den Gesundheitszustand ihrer Tiere mit Blick auf Tollwut zu bestimmen und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen zu können (Isolation, Impfung, Chip etc.). Sind die Tiere nicht gegen Tollwut immunisiert, müssen sie eine Impfung erhalten und anschließen in Quarantäne, die in Baden-Württemberg drei Monate andauert. Alle Tiere benötigen spätestens mit der Tollwutimpfung eine Kennzeichnung mit einem Mikrochip. Bei geimpften Tieren muss eine Antikörperbestimmung im Blut durchführen werden. Bis das Ergebnis vorliegt, müssen die Tiere isoliert gehalten werden. Das Friedrich-Löffler-Institut schätzt das Tollwutrisiko bei Familientieren allerdings als gering ein.

Geflüchtete, die bei Privatpersonen wohnen, haben die Möglichkeit, die Haustiere dort unter häusliche Quarantäne zu stellen und die Tiere bei sich zu behalten. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer kommen allerdings nicht privat, sondern vorerst in Erstaufnahmeeinrichtungen unter. In diesen sind Tiere aufgrund von Hygiene, Phobien oder Allergien verboten, weshalb die Haustiere in diesem Fall meist ins Tierheim müssen und nicht bei ihren Besitzern bleiben können.

„Die Geflüchteten haben durch den Krieg teilweise traumatische Erfahrungen gemacht und alles verloren. Die Haustiere sind oft alles was ihnen noch aus der Heimat bleibt. Ebenso bedeutet die Unterbringung im Tierheim für die Tiere eine fremde Umgebung. Um das Leid der Tiere und der Menschen nicht noch zu verschärfen, sollten kommunale Behörden die Fluchtunterkünfte so ausstatten, dass Tierhalter zumindest verträgliche Haustiere, deren Gesundheitsstatus tierärztlich überprüft wurde, bei sich behalten können. Private Personen, die eine Unterkunft für Geflüchtete anbieten, können sich überlegen, Haustiere mit aufzunehmen. Manche Wohnungsvermittlungs-Portale haben einen Vermerk dafür vorgesehen“, meint Stubenbord.

Der Landestierschutzverband in Baden-Württemberg weist darauf hin, dass es regional sehr unterschiedliche Aufnahmekapazitäten in den Tierheimen im Land gibt. Zum Teil stehen bereits jetzt keine ausreichenden Aufnahmekapazitäten zur Verfügung. Die Quarantänestationen sind oft schon vollständig belegt und auch die, durch die Betreuung der Tiere entstehenden Zusatzkosten, stellen die Tierheime vor Schwierigkeiten, da es keine staatliche Unterstützung für diese Tiere gibt. Manche Tierheime wenden sich mit dem Appell, Hunde und Katzen von Geflüchteten aufzunehmen, an die Bevölkerung. Geeignete Pflegestellen können eine häusliche Quarantäne ermöglichen. Eine solche private Aufnahme von den Haustieren ohne ihre Halter, ist jedoch nur mit amtlicher Überwachung möglich. Wer ein Tier aufnimmt, hilft die Zeit zu überbrücken bis Tier und Halter wieder zusammen sein können.

Während einige Haustiere gemeinsam mit ihren Besitzern dem Krieg in der Ukraine entfliehen konnten, bleibt ein Großteil der Tiere jedoch im Land zurück. „Für viele Menschen besteht keine Möglichkeit ihre Tiere mitzunehmen, insbesondere wenn es sich um große Tiere wie Pferde handelt. Doch auch Hunde, Katzen und kleine Heimtiere werden zurückgelassen. Unzählige Tiere sind so von einem zum anderen Tag auf sich alleine gestellt“, bedauert Stubenbord.
Durch die Bombenangriffe sind die Tiere häufig so verängstigt, dass es schwer ist, sie überhaupt in den Trümmern ausmachen, weshalb für die verletzten und zurückgelassenen Tiere oft jede Hilfe fehlt.

Gleichermaßen leiden die Tiere in den ukrainischen Tierheimen unter dem Krieg. Die Wasser- und Stromversorgung ist stellenweise ausgefallen und mehrere Tierheime sollen von Bomben getroffen und Tiere dabei getötet worden sein. Teilweise wurden die Tierheime verlassen, doch viele Pflegerinnen und Pfleger bleiben auch vor Ort, um weiter für die Tiere zu sorgen. Zwar gelang es Tierschutzorganisationen bereits einige Tiere aus den Heimen zu retten, doch aufgrund der hohen Entfernung zur Grenze, der zerstörten Straßen und der großen Anzahl an Tieren ist eine Evakuierung oft nicht möglich. Die erleichterten Einreiseregelungen für Heimtiere in die EU gelten bislang nur für private Tiertransporte bis maximal fünf Tiere, nicht jedoch für die Einführung durch Tierschutzorganisationen. Diese sind in den vergangenen Wochen vielfach unter Lebensgefahr in die Ukraine gefahren, um zurückgebliebene Tiere zu evakuieren und Tierheime mit Futter und weiteren Spenden zu versorgen. Immer mehr Tiere harren daher nun in der Ukraine an der Grenze aus, wo sie weiter durch die Tierschutzorganisationen versorgt werden.

Auch in Zoos und landwirtschaftlichen Betrieben sind nach wie vor unzählige Tiere und auch hier fehlt es an Futter und medizinischer Versorgung. Die Tiere im Kiewer Zoo leiden unter den Explosionen, weshalb sie teilweise in unterirdische Gänge umgesiedelt wurden. Eine Evakuierung ist jedoch aufgrund der Zahl und der Größe der Tiere logistisch auch hier nicht zu leisten.

Wenn Sie den Menschen aus der Ukraine und ihren Haustieren helfen möchten, können sie dies etwa durch Geld- oder Sachspenden wie Futter, Transportboxen oder Decken. Informationen hierzu finden Sie beispielsweise auf der Internetseite des Deutschen Tierschutzbundes oder bei lokalen Tierschutzorganisationen und Tierheimen.

Außerdem können Sie beispielsweise über die Plattformen Tasso.Help oder Unterkunft Ukraine Wohnraum für Ukrainerinnen und ihre Haustiere anbieten. Ebenso haben viele Städte, Gemeinden und Landkreise Internetseiten eingerichtet, auf denen sie über lokale Hilfsangebote informieren. Das Land Baden-Württemberg zeigt auf folgender Seite, wie Sie helfen können: Justizministerium Baden-Württemberg - Sie wollen helfen?.

Über die Landestierärztekammer Baden-Württemberg können sich praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte über Unterstützungsmöglichkeiten für Geflüchtete mit ihren Haustieren erkundigen.

Auch der Europäische Zoo- und Aquarium-Verband (EAZA) hat einen Fond zur finanziellen Unterstützung der ukrainischen Zoos eingerichtet. Über die Seite der Wilhelma können Spenden in den Fond eingezahlt werden

Weitere Informationen zur Arbeit der Landesbeauftragten für Tierschutz finden Sie hier.

Peter Hauk, Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Peter Hauk MdL

Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz

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