Die Blauzungenkrankheit (auch unter der englischen Bezeichnung „Bluetongue“ oder kurz BT bekannt) ist eine anzeigepflichtige Viruserkrankung der Wiederkäuer und Kameliden, die mit Fieber und durch Gefäßentzündungen verursachten Schwellungen einhergehen kann. Empfänglich sind große und kleine Wiederkäuer (Rinder, Schafe, Ziegen), aber auch Wildwiederkäuer und Neuweltkameliden.
Nach den Ausbrüchen der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 8 (BTV-8) in den Jahren 2007 – 2008 und 2019 – 2019 ist am 8. August 2024 erneut die Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 (BTV-3) in Baden-Württemberg ausgebrochen.
Um den Ausbruchsbetrieb muss, wie bei den letzten Ausbrüchen, ein Restriktionsgebiet mit einem Mindestradius von 150 Kilometer eingerichtet werden. Dies bedeutet, dass das gesamte Land Baden-Württemberg zum BTV-Restriktionsgebiet für Rinder, Schafe, Ziegen und gehaltene Wildwiederkäuer erklärt wird. Das Restriktionsgebiet ist mindestens zwei Jahre über den letzten Ausbruch hinaus aufrechtzuerhalten. Innerhalb dieses zweijährigen Zeitraums muss anhand von Monitoring-Untersuchungen nachgewiesen werden, dass kein BTV-Virus zirkuliert. Erst danach kann Baden-Württemberg wieder den Antrag auf BTV-Freiheit bei der EU stellen.
Die Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 wurde erstmals Anfang September 2023 in den Niederlanden nachgewiesen. Von dort breitete sich der Serotyp 3 bis Ende 2023 nach Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen aus. Die Ausbrüche der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 nehmen in Norddeutschland derzeit stetig zu und breiten sich kontinuierlich aus. Diese Entwicklung ist insofern besorgniserregend, weil die bisher in Deutschland verwendeten serotypspezifischen BTV-4- und BTV-8-Impfstoffe nicht wirksam sind. Der Bund hatte deshalb Anfang Juni 2024 per Eilverordnung für drei selektive BTV-3-Impfstoffe ohne offizielle Zulassung die befristete Möglichkeit geschaffen, empfängliche Tiere in Deutschland gegen BTV-3 zu impfen. Zur Vermeidung einer Infektion sind diese Impfstoffe wirksam und deshalb zu empfehlen.
Da es sich bei diesen drei BTV-3-Impfstoffen im Gegensatz zu den BTV-4- und BTV-8-Impfstoffen um keine zugelassenen Impfstoffe handelt, können bei BTV-3-geimpften Tieren keine Handelserleichterungen wie bei BTV-8 bzw. BTV-4 gewährt werden. Deshalb ist das Verbringen von Wiederkäuern aus Baden-Württemberg in BTV-freie Gebiete innerhalb Deutschlands künftig nur zulässig, wenn die Tiere mindestens 14 Tage vor dem Verbringen mit Repellentien behandelt und daran anschließend mittels PCR-Test mit negativem Ergebnis auf BTV-Virus untersucht wurden. Die zu verbringenden Tiere müssen außerdem von einer Tierhaltererklärung begleitet sein.
Ungeachtet des BTV-Statusverlustes sind auch zukünftig möglichst flächendeckende Impfungen mit den Impfstoffen gegen den Serotyp 3 unerlässlich, um einen vorbeugenden Schutz aufzubauen und die Zahl der Ausbrüche auf ein Minimum zu begrenzen. Das Land und die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg unterstützen deshalb finanziell die BT-Schutzimpfungen gegen den Serotyp 3 und die Serotypen 4 und 8 mit Zuschüssen zu den Impfstoffkosten. Es wird daher dringend zu einer vorbeugenden Schutzimpfung von Rindern, Schafen und Ziegen gegen alle Serotypen (BTV-4, BTV-8 und BTV-3) der Blauzungenkrankheit geraten. Es wird insbesondere bei Schafen zur Impfung gegen den Serotyp 3 geraten, da diese bei einer Infektion schwerwiegend erkranken können. Eine hohe Impfquote ist auch notwendig, damit sich die Seuche in der Tierpopulation nicht weiter ausbreitet. Die Impfung wird durch das Land und die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg finanziell unterstützt.
Rinder, Schafe und Ziegen, die in Zoos, Wildparks, Zirkussen oder ähnlichen Einrichtungen gehalten werden, sollten ebenfalls geimpft werden, ebenso Tiere sonstiger empfänglicher Tierarten, zum Beispiel gehaltene Wildwiederkäuer (Gehegewild) oder Neuweltkameliden.
Virus für Menschen nicht gefährlich
Die Blauzungenkrankheit ist eine nicht unmittelbar von Tier zu Tier übertragbare, sondern durch bestimmte Stechmücken (Gnitzen, Cullicoides) übertragene Infektionskrankheit, an der vor allem Schafe und Rinder erkranken und teilweise sogar verenden können. Diese Tierseuche tritt seit 2015 wieder in den an Baden-Württemberg angrenzenden Staaten vermehrt auf. Das Virus ist für den Menschen nicht gefährlich. Fleisch- und Milchprodukte können ohne Bedenken verzehrt werden.
Ausbreitung der Seuche
Auch das Virus BTV-8 zirkuliert weiterhin in den Wiederkäuer-Populationen in angrenzenden Regionen und das Virus BTV 4 wird nach wie vor in Europa nachgewiesen. Baden-Württemberg war seit Ende Mai 2019 BT-Virus-frei. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Erreger nach Baden-Württemberg wieder eingetragen wird, ist daher unverändert hoch.
Baden-Württemberg hat auf die Ausbrüche in den benachbarten Staaten bereits im Jahr 2016 mit einer freiwilligen Impfaktion reagiert, welche seither durch die Tierseuchenkasse und das Land finanziell unterstützt wird. Zum Schutz der Tiere und zur Aufrechterhaltung der Immunität bereits geimpfter Tiere wird dieses freiwillige Programm mit Unterstützung der Tierseuchenkasse und des Landes fortgeführt.
Schlacht- Zucht- und Nutztiere müssen beim Verbringen in BTV-freie Regionen von einer Tierhaltererklärung begleitet sein.
Die Bekämpfung der Blauzungenkrankheit basiert auf dem seit 21. April 2021 gültigen EU-Tiergesundheitsrecht . In der Verordnung (EU) 2016/429 (AHL) und der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 sind die Anforderungen an das Verbringen empfänglicher Tiere im Detail geregelt.
Ansprechpartner bei Fragen
Bei Fragen geben die unteren Tiergesundheitsbehörden der Stadt- und Landkreise, der Rinder- und Schafherdengesundheitsdienst der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg, praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte sowie die Verbände Auskunft.
Weitere Informationen
Untere Tiergesundheitsbehörden in Baden-Württemberg
Tierseuchenkasse Baden-Württemberg
Informationen zur Blauzungenimpfung beim Landeskontrollverband Baden-Württemberg
Stellungnahme des Friedrich-Loeffler-Institut zur aktuellen BTV-Situation
European Commission – Bluetounge [EN]
Downloads
Tierhaltererklärung zum innerstaatlichen Verbringen von Schlachttieren aus einem Restriktionsgebiet in ein freies Gebiet
HIT-Impfeintrag - Anleitung für Rinderhalterinnen und Rinderhalter beim STUA Aulendorf [PDF]l
HIT-Impfeintrag - Anleitung für Tierärztinnen und Tierärzte beim STUA Aulendorf [PDF]
Informationen STUA Aulendorf-Diagnostikzentrum
STUA Aulendorf-Diagnostikzentrum: Blauzungenkrankheit Verbringungsregelungen (pdf, Stand 08/2024)
STUA Aulendorf-Diagnostikzentrum: Blauzungenkrankheit - Impfbarometer (pdf)
STUA Aulendorf: Blauzungenkrankheit – Die häufigsten Fragen (FAQs) (pdf)