„Baden-Württemberg legt den 5. Bericht zur Anwendung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel im Land vor. Er basiert auf Erhebungsdaten des im Land eingerichteten Betriebsmessnetzes. Das Ziel der Landesregierung im Rahmen des Biodiversitätsstärkungsgesetzes ist es, bis zum Jahr 2030 die Anwendung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel um 40 bis 50 Prozent zu senken. Gegenüber dem Ausgangspunkt bzw. der sogenannten Baseline als Mittel der Jahre 2016 bis 2019 wurden im Jahr 2023 12 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Dabei war die Witterung hinsichtlich der Niederschlagsmengen durchschnittlich. Im Vergleich zum sehr trockenen Vorjahr mit 13 Prozent Reduktion sind die Daten aus 2023 eine Bestätigung für den Trend nach unten“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, am Montag (8. Dezember), anlässlich der Vorstellung des 5. Berichts zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln in Baden-Württemberg.
Der Bericht basiert auf Erhebungsdaten des im Land eingerichteten Betriebsmessnetzes. Neben der reinen Mengenbewertung enthält der Bericht auch eine Risikobewertung mittels SYNOPS. Zudem wurde im Jahr 2023, wie im Biodiversitätsstärkungsgesetz vorgesehen, eine externe, umfassende Evaluierung der Maßnahmen vorgenommen, die insgesamt positiv ausfiel.
Wie eine Pflanzenschutzmittelreduktion gelingen kann, zeigen die in den letzten Jahren im Netzwerk der Demobetriebe erprobten und in die Praxis getragenen Maßnahmen. „Nach viereinhalb Jahren Versuchsarbeit und Erfahrungsaustausch im ‚Demonstrationsbetriebsnetzwerk Pflanzenschutzmittelreduktion‘ zeigen sich die Demonstrationsbetriebe als wirksames Instrument bei der Umsetzung der Reduktionsziele. Die konsequente Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes ist Grundlage und der erste Schritt zur Erreichung einer Pflanzenschutzmittelreduktion. Diese gestaltet sich als anspruchsvolle Aufgabe und erfordert ständige betriebsindividuelle Anpassungen an wechselnde Bedingungen. So vielfältig die Reduktionsmöglichkeiten sind, so individuell müssen auch die Maßnahmen auf jeden Betrieb abgestimmt werden. Ebenso wie der Standort hat das Wetter einen sehr entscheidenden Einfluss “, betonte Minister Hauk.
Eine zentrale Rolle bei der Pflanzenschutzmittelreduktion kommt der Forschung und Beratung, aber auch der stetigen Weiterentwicklung bestehender Anreize und Förderungen zu. Hierzu gehört beispielsweise die Ausweitung des Ökolandbaus, der verbesserte Wissenstransfer und schließlich Fortschritte in der Züchtung und in der Entwicklung neuer nicht-chemischer Verfahren im Pflanzenschutz.
„Risiken für die weitere Absenkung der angewandten Pflanzenschutzmittel bestehen in den unabsehbaren Folgen des Klimawandel verbunden mit dem Auftreten neuer Schaderreger und Krankheiten. Ebenso wird es weiterhin Jahre mit sehr nasser Witterung geben, die einen höheren Pflanzenschutzmittelaufwand zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten notwendig machen“, betonte Minister Hauk.
Ergänzt wird der Bericht um einen weiteren Berichtsteil zu ‚Strategien der Gesunderhaltung von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen im ökologischen Anbau‘ der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Anbau Baden-Württemberg e. V. In dieser Anbauform werden keine chemisch-synthetischen, sondern nur in einigen Kulturen Pflanzenschutzmittel angewendet, die auf einer EU-anerkannten Positivliste stehen.
Hintergrundinformationen
Der Bericht bezieht alle Bereiche ein, in denen chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel angewendet werden. Neben der Landwirtschaft zählen dazu auch der Wald, Verkehrswege, öffentliches Grün und die Haus- und Kleingärten.
Insgesamt werden anhand von Erhebungen mittels des Betriebsmessnetzes, Ableitungen und vereinfachten Schätzungen als mehrjähriger Durchschnittswert der Jahre 2016 bis 2019 rund 2.223 Tonnen chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittelwirkstoffe jährlich im Land ausgebracht. Eine Reduktion um 40 bis 50 Prozent bis 2030 bedeutet einen Rückgang um rund 1.000 Tonnen.
Von den 2.223 Tonnen stehen die Herbizide mit etwas über 50 Prozent an der Spitze, dicht gefolgt von den Fungiziden mit 35 - 45 Prozent. Die Insektizide machen unter ein bis zwei Prozent aus und die Akarizidmenge ist zu vernachlässigen.
Im ‚Demonstrationsbetriebsnetzwerk Pflanzenschutzmittelreduktion‘ erarbeiten, diskutieren, verbessern und etablieren mittlerweile 40 Demonstrationsbetriebe mit unterschiedlichen Produktionsschwerpunkten (Ackerbau, Obstbau, Weinbau, Gemüsebau) praxisrelevante Maßnahmen zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln. Die besonders zu Beginn des Prozesses intensiv von der Landwirtschaftsverwaltung betreuten Betriebe nehmen eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Reduktionsziele in der Landwirtschaft ein.
Durch angewandte Forschung und Entwicklung der landwirtschaftlichen Landesanstalten und weiteren Forschungseinrichtungen werden neue Verfahren bereitgestellt. Dazu gehören zum Beispiel:
- pilzwiderstandsfähigen Sorten im Wein-, Obst- und Getreidebau, welche die Anzahl der Fungizidbehandlungen beträchtlich senken;
- neue digitale Techniken zur mechanischen Unkrautbekämpfung, die sich weiter in der Praxis verbreiten müssen;
- Prognosemodelle, die durch Forschung zur Epidemiologie und laufende Validierung in der Praxis weiterentwickelt und treffsicherer gemacht werden
Baden-Württemberg nutzt intensiv die Fördermöglichkeiten der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), um den Ökolandbau weiter auszubauen und Agrarumweltmaßnahmen anzubieten, die den Pflanzenschutzmitteleinsatz reduzieren, z.B. neue Fördermaßnahmen im Bereich Fungizid- und Herbizidverzicht.
Der Bericht zur Anwendung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel in Baden-Württemberg 2025 und eine Kurzfassung von Teil I. finden Sie hier:


