Tiergesundheit

Blauzungenkrankheit festgestellt: Tierbestände dringend impfen

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Rinder auf der Weide (Bild: © MLR)

Minister Peter Hauk MdL: „Durch den Eintrag des BTV-Virus verliert Baden-Württemberg den Status ‚BTV-frei‘ und wird für mindestens zwei Jahre zum Restriktionsgebiet für Rinder, Schafe, Ziegen und gehaltene Wildwiederkäuer“

Blauzungenkrankheit / Serotyp 3 in einem Schafbestand im Rems-Murr-Kreis amtlich festgestellt / Tierbestände sollten dringend geimpft werden

„Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis hat am heutigen Donnerstag (8. August) in einem Schafbestand in Weissach im Tal die Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 amtlich festgestellt. Der Betrieb steht nun unter behördlicher Beobachtung. Entsprechende Quarantäne- und veterinärmedizinische Maßnahmen werden im betroffenen Schafbestand ergriffen. Darüberhinausgehende Seuchenbekämpfungsmaßnahmen sind derzeit nicht notwendig. Das Virus ist für Menschen nicht gefährlich. Durch den Eintrag des BTV-Virus verliert das Land Baden-Württemberg den Status ‚BTV-frei‘ und wird für mindestens zwei Jahre zum Restriktionsgebiet für Rinder, Schafe, Ziegen und gehaltene Wildwiederkäuer. Daher appelliere ich an alle viehhaltenden Landwirtschaftsbetriebe im Land, das Impfangebot zu nutzen und ihre Rinder, Schafe und Ziegen gegen alle Blauzungenvirusvarianten zu impfen. Das Land und die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg unterstützen finanziell die Schutzimpfung gegen die Blauzungenkrankheit“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, am Donnerstag (8. August).

Um den Ausbruchsbetrieb muss ein Restriktionsgebiet mit einem Mindestradius von 150 Kilometer eingerichtet werden.

Dies bedeutet, dass das gesamte Land Baden-Württemberg zum BTV-Restriktionsgebiet für Rinder, Schafe, Ziegen und gehaltene Wildwiederkäuer erklärt wird. Das Restriktionsgebiet ist mindestens zwei Jahre über den letzten Ausbruch hinaus aufrechtzuerhalten. Innerhalb dieses zweijährigen Zeitraums muss anhand von Monitoring-Untersuchungen nachgewiesen werden, dass kein BTV-Virus zirkuliert. Erst danach kann Baden-Württemberg wieder den Antrag auf BTV-Freiheit bei der EU stellen.

Was viehhaltende Landwirtschaftsbetriebe jetzt beachten sollten

Das Verbringen von Rindern, Schafen, Ziegen und gehaltenen Wildwiederkäuern innerhalb von Baden-Württemberg und auch in andere nicht-BTV-freie Gebiete ist ohne vorherige Impfung oder Laboruntersuchung möglich, sofern die Tiere beim Verbringen keine Krankheitssymptome aufweisen, die auf Blauzungenkrankheit hinweisen oder der Tierbestand nicht wegen eines Ausbruchs der Blauzungenkrankheit gesperrt ist.

Die Ausbrüche der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 in Norddeutschland nehmen stetig zu und breiten sich kontinuierlich aus. Diese Entwicklung ist insofern besorgniserregend, weil die bisher in Deutschland verwendeten serotypspezifischen BTV-4- und BTV-8-Impfstoffe nicht wirksam sind. Der Bund hatte deshalb Anfang Juni 2024 per Eilverordnung für drei selektive BTV-3-Impfstoffe ohne offizielle Zulassung die befristete Möglichkeit geschaffen, empfängliche Tiere in Deutschland gegen BTV-3 zu impfen. Zur Vermeidung einer Infektion sind diese Impfstoffe wirksam und deshalb zu empfehlen.

Da es sich bei diesen drei BTV-3-Impfstoffen im Gegensatz zu den BTV-4- und BTV-8-Impfstoffen um keine zugelassenen Impfstoffe handelt, können bei BTV-3-geimpften Tieren keine Handelserleichterungen wie bei BTV-8 bzw. BTV-4 gewährt werden. Deshalb ist das Verbringen von Wiederkäuern aus Baden-Württemberg in BTV-freie Gebiete innerhalb Deutschlands künftig nur zulässig, wenn die Tiere mindestens 14 Tage vor dem Verbringen mit Repellentien behandelt und daran anschließend mittels PCR-Test mit negativem Ergebnis auf BTV-Virus untersucht wurden. Die zu verbringenden Tiere müssen außerdem von einer Tierhaltererklärung begleitet sein.

Ungeachtet des BTV-Statusverlustes sind auch zukünftig möglichst flächendeckende Impfungen mit den Impfstoffen gegen den Serotyp 3 unerlässlich, um einen vorbeugenden Schutz aufzubauen und die Zahl der Ausbrüche auf ein Minimum zu begrenzen. Das Land und die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg unterstützen deshalb finanziell die BT-Schutzimpfungen mit Zuschüssen zu den Impfstoffkosten.

Bei Impfungen gegen den Serotyp 3 beträgt die Unterstützung landesweit beim Rind 2,00 Euro, beim Schaf 1,90 Euro sowie bei Ziegen 0,90 Euro. Aufgrund des Eintragsrisikos aus Frankreich bleibt die Einteilung in Impfzonen gegen BTV-4 sowie BTV-8 bestehen. Die Unterstützung beim Rind beträgt in der Impfzone 3 1,00 Euro; 2,00 Euro in der Impfzone 2 und 3,50 Euro in der Impfzone 1. Beim Schaf beträgt die Unterstützung in der Impfzone 3 insgesamt 0,65 Euro, 1,30 Euro in der Impfzone 2 und 1,90 Euro in der Impfzone 1. Bei Ziegen bleibt die Unterstützung in der Impfzone 3 bei 0,40 Euro, in der Impfzone 2 bei 0,80 Euro und in der Impfzone 3 bei 1,40 Euro.

Hintergrundinformationen

Die Blauzungenkrankheit (BT) ist eine anzeige- und bekämpfungspflichtige Tierseuche bei Haus-und Wildwiederkäuern. Das Virus wird durch bestimmte Stechmücken (Gnitzen) übertragen. Die Blauzungenkrankheit äußert sich insbesondere in Fieber, Entzündungen und Blutungen in den Schleimhäuten, vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul. Vor allem bei Schafen schwillt die Zunge an, wird blau und kann aus dem Maul hängen. Insbesondere bei Schafen kann es zu schwerwiegenden Erkrankungen mit Todesfolge oder Verlammungen kommen. Betroffen sind neben Rindern, Schafen und Ziegen auch Kameliden und das Rotwild. Wegen der Übertragung durch Stechmücken ist eine wirksame Verhinderung und Bekämpfung nur durch eine vorbeugende Impfung möglich.

Das Virus BTV-8 zirkuliert weiterhin in den Wiederkäuer-Populationen in angrenzenden Regionen und auch das Virus BTV 4 wird nach wie vor in Europa nachgewiesen. Baden-Württemberg war seit Ende Mai 2019 BT-Virus-frei.

Das Virus BTV-3 wurde im Herbst 2023 aus den Niederlanden nach Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen eingetragen und hat sich Ende Juli nach Rheinland-Pfalz und Hessen ausgebreitet. Experten befürchten ein vergleichbares Seuchengeschehen wie 2006. Daher ist eine vorbeugende Impfung mit den nunmehr zur Verfügung stehenden Impfstoffen auch aus Tierschutzgründen dringend erforderlich.