Magdeburg. Die EU-Kommission hat bereits im Juni 2023 das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nicht-Einhaltung der EU-Nitratrichtlinie eingestellt, wodurch die drohenden, sehr hohen Strafzahlungen vom Tisch waren. Die EU-Kommission hat bestätigt, dass die von Bund und Ländern erlassenen Regeln der Nitratrichtlinie entsprechen. Entscheidend war hier die Neuausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete durch die Länder. Die Möglichkeit, Ausnahmen von den Vorschriften zu machen und somit nach dem Prinzip der Verursachergerechtigkeit vorzugehen, lassen die Bundesvorschriften nicht zu.
Betriebe leiden unter unnötiger Bürokratie
So werden derzeit unnötig viele Betriebe in diesen sogenannten roten Gebieten durch hohe Bewirtschaftungsauflagen sowie umfangreiche Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten unverhältnismäßig stark belastet, unabhängig davon, ob sie selbst für die Nitratbelastung verantwortlich sind oder gewässerschonend wirtschaften. Daran wird deutlich, wie „Bürokratieaufbau“ entsteht.
Zielgerichtete Maßnahmen sind gefordert
„Deshalb brauchen wir dringend differenzierte und zielgerichtete Maßnahmen. Eine solche Maßnahmendifferenzierung setzt nach Ansicht der EU-Kommission robuste, rechtssichere und vollzugstaugliche, auf kontrollierbaren Daten beruhende Systeme voraus. Es ist daher erforderlich und zielführend, das mit der EU-Kommission vereinbarte Monitoring zur Wirksamkeit der Düngeverordnung im Düngegesetz fest zu verankern“, sagte Minister Sven Schulze, Landwirtschaftsminister in Sachsen-Anhalt und Sprecher der unionsgeführten Agrarressorts.
Bilanzierungssystem bleibt ungeeignet
„Die Maßnahmendifferenzierung ist nicht von der Stoffstrombilanzverordnung bzw. Nährstoffbilanzverordnung abhängig. Im Gegenteil, eine betriebliche Bilanzierung bzw. ein betrieblicher Nährstoffsaldo ist für den Nachweis völlig ungeeignet, da nicht nachvollzogen werden kann, ob auf der jeweiligen Fläche innerhalb eines mit Nitrat belasteten Gebiets eine Nitratbelastung verursacht wird“, unterstrich der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk MdL.
Verursachergerechtigkeit durch Monitoring sichern
„Daher benötigen wir zur Herstellung der Verursachergerechtigkeit eine entsprechende Monitoringverordnung, für die eine Ermächtigungsgrundlage im Düngegesetz geschaffen wird“, betonte Minister Sven Schulze. „Warum der Bund diese nicht schon längst auf den Weg gebracht hat, ist den betroffenen Landwirtinnen und Landwirten nicht zu vermitteln und verzögert eine zeitnahe Umsetzung in den Ländern“, sagte Minister Peter Hauk.
Statt Verursacherprinzip: Festhalten an bürokratischem Ballast
Die Einführung des Verursacherprinzips hat der Bund bereits im Jahr 2022 in einer Protokollerklärung zum Bundesratsbeschluss der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete zugesagt. Stattdessen konzentriert sich der Bund immer noch auf die Beibehaltung und Ausweitung der bestehenden Stoffstrombilanzverordnung, die mit der Änderung des Düngegesetzes als „Nährstoffbilanzverordnung“ umbenannt werden soll. Dabei wird die Nährstoffbilanzierung weder von den beteiligten Experten noch von der EU-Kommission gefordert. Darüber hinaus stellt die umfangreiche, mit der Bilanzierung verbundene Datenerhebung einen immensen zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die landwirtschaftlichen Betriebe dar.
Landwirtschaftsminister fordern Abschaffung der Stoffstrombilanz
Minister Sven Schulze und Minister Peter Hauk erinnerten Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir an sein Versprechen im Rahmen der Herbst-AMK 2024, die Stoffstrombilanz zeitnah abzuschaffen und damit auch eine Weiterentwicklung zur Nährstoffbilanz auszusetzen. Die Agrarministerinnen und -minister der Länder hatten sich gemeinsam mit dem Bund auf der Herbst-AMK 2024 einstimmig dafür ausgesprochen, die Stoffstrombilanzverordnung ersatzlos aufzuheben.
Kompromissvorschläge sind unzureichend
Kompromissvorschläge, die im Rahmen der Verhandlungen zur Novelle des Düngegesetzes vorgebracht wurden, werden konsequent abgelehnt, solange sie lediglich eine Modifizierung des Status quo beinhalten und keine substantiellen Änderungen sowie die Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung vorsehen.
Minister fordern echten Bürokratieabbau
„Die Rolle rückwärts des Bundeslandwirtschaftsministers ist nicht akzeptabel und zeigt einmal mehr, wie durch ideologisches Festhalten an praxisfernen Regelungen unnötige Bürokratie geschaffen bzw. aufrechterhalten wird. Bürokratieabbau sieht anders aus! Das schadet nicht nur den landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland im globalen Wettbewerb, sondern zerstört das Vertrauen in eine verlässliche Landwirtschaftspolitik. Das ist nicht hinnehmbar. Die Stoffstrombilanzverordnung ist das größte bürokratische Ärgernis in der Landwirtschaft. Wir brauchen echten Bürokratieabbau und kein Festhalten an einem Bürokratiemonster in neuem Gewand“, betonte Minister Peter Hauk.
Forderung an den Bund: Wort halten und liefern!
Beide Minister fordern den Bund auf, zu seinem Wort zu stehen und die Stoffstrombilanzverordnung ersatzlos zu streichen und stattdessen schnellstmöglich eine mit den Ländern abgestimmte Monitoringverordnung auf den Weg zu bringen. „Wer Bürokratieabbau verspricht, muss jetzt auch entschieden handeln und Wort halten. Herr Bundesminister Özdemir, liefern Sie!“, so die Minister Sven Schulze und Minister Peter Hauk.