„Unsere Landwirtschaft ist mit enormen Herausforderungen konfrontiert: Der Klimawandel, der Erhalt der Artenvielfalt und die steigende Nachfrage nach hochwertigen Lebensmitteln sind einige der großen Aufgaben, denen wir uns stellen müssen. Gleichzeitig wollen wir die landwirtschaftlichen Betriebe von unnötiger Bürokratie entlasten. Wir brauchen wieder mehr Vertrauen in die Arbeit unserer Landwirte statt zusätzlicher Kontrolle. Die gute fachliche Praxis muss in diesem Zusammenhang wieder eine zentrale Rolle spielen, damit die landwirtschaftlichen Betriebe den anstehenden Herausforderungen erfolgreich begegnen können. Dafür setzen wir uns auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene ein. Wir sind stetig daran interessiert, die Gemeinsame Agrarpolitik weiterzuentwickeln und deren Bestandteile für unsere landwirtschaftlichen Betriebe attraktiv zu gestalten. Daher haben wir mit den unionsgeführten Agrarressorts der Länder ein Positionspapier erarbeitet, das zu einer einfacheren, transparenteren und effizienteren neuen Gemeinsamen Agrarpolitik hinsichtlich der kommenden GAP-Förderperiode beitragen soll. In einer guten inhaltlichen Diskussion haben wir unsere Vorschläge mit dem zuständigen Generaldirektor der GD Agri Dr. Wolfgang Burtscher und dem designierten Agrarkommissar Christophe Hansen in Brüssel diskutiert“, sagte der baden-württembergische Landwirtschaftsminister und Sprecher der unionsgeführten Agrarressorts der Länder Peter Hauk MdL, am Donnerstag (21. November), in Stuttgart, im Nachgang zu seinem Besuch in Brüssel. Auf Initiative von Minister Peter Hauk MdL hatten die Ministerinnen und Ministern der unionsgeführten Agrarressorts der Länder ihre Vorschläge hinsichtlich der kommenden GAP-Förderperiode mit dem zuständigen Generaldirektor der GD Agri Dr. Wolfgang Burtscher und dem designierten Agrarkommissar Christophe Hansen in Brüssel diskutiert.
„Ein großes Ziel wird es sein, die GAP für die Landwirtinnen und Landwirte und Behörden im Sinne von Bürokratieabbau, Transparenz und Effizienz massiv zu vereinfachen. Hierfür sollen alle Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bietet konsequent genutzt werden. Wir wollen Antragsprozesse optimieren sowie innovative Agrarpraktiker miteinander vernetzen und die Vernetzung im Ländlichen Raum insgesamt fördern“, betonte Minister Hauk.
„Zudem müssen wir die Landwirtschaftspolitik noch stärker als geopolitisch bedeutsames Handlungsfeld verstehen. Denn die Sicherstellung der Ernährungsversorgung auch auf europäischer Ebene ist ein wichtiger Beitrag für unsere Resilienz, und bekommt damit eine zunehmende strategische Bedeutung. Sowohl Kriege und kriegerische Konflikte in der europäischen Nachbarschaft als auch der Klimawandel sind Vektoren für diese Entwicklung, der sich die neu konstituierende Europäische Kommission noch stärker bewusst sein muss und in ihrer Politik intensiver berücksichtigen muss. Dafür setzen wir uns ein“, sagte Minister Hauk.
„Klar ist das die GAP auch weiterhin über eine ausreichende Finanzierung mindestens in bisheriger Höhe zuzüglich Inflationsausgleich verfügen muss, um die definierten Ziele erreichen und anspruchsvolle Aufgaben für die Landwirtschaft und die Entwicklung des Ländlichen Raumes erfüllen zu können“, betonte Minister Hauk
Zudem sei es erforderlich, einen neuen Ausgleich bzw. die richtige Balance zwischen Ökologie und Ökonomie zu finden. Zwischen Wertschöpfung und der verlässlichen Einkommenssicherung der Landwirte einerseits und berechtigten Erfordernissen des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes auf der anderen Seite. Hierzu tragen unter anderem verständliche Konzepte bei, die sich leicht abwickeln lassen. Wichtig sei zudem auch das Risikomanagement noch mehr in den Fokus rücken. Hauk zeigte sich nach seinen Gesprächen in Brüssel zuversichtlich, dass bei der nächsten GAP wieder der Landwirt und seine Arbeit und nicht Kontrollen, Kontrollen, Kontrollen im Mittelpunkt stehen.
Hintergrundinformationen
Die GAP nach 2027 –Positionspapier der unionsgeführten Agrarressorts der Länder
- Die unionsgeführten Agrarressorts bekennen sich zu einer leistungsgerechten, ausgewogenen und der Verantwortung für die natürlichen Lebensgrundlagen verpflichteten Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP).
- Ziel muss es sein, die GAP für die Landwirtinnen und Landwirte und Behörden im Sinne von Bürokratieabbau, Transparenz und Effizienz massiv zu vereinfachen. Die Digitalisierung soll konsequent genutzt werden, um sowohl Antragsprozesse zu optimieren, als auch innovative Agrarpraktiker und die Vernetzung im Ländlichen Raum zu fördern.
- Der Sicherstellung der Ernährungsversorgung kommt auch auf europäischer Ebene zunehmend eine strategische Bedeutung zu. Sowohl Kriege und kriegerische Konflikte in der europäischen Nachbarschaft als auch der Klimawandel sorgen dafür, dass sich die Landwirtschaftspolitik stärker als geopolitisch bedeutsames Handlungsfeld verstehen muss. Die sich neu konstituierende Europäische Kommission muss dies berücksichtigen.
- Die unionsgeführten Agrarressorts zollen der wichtigen und wertvollen Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte großen Respekt und sehen es als vorrangige Aufgabe an, ihnen auch perspektivisch ein finanziell auskömmliches Unterstützungssystem an die Seite zu stellen. Dabei sind Vereinfachungen und Flexibilisierungen zu starrer Regeln grundlegend.
EU-Vorgaben sind grundsätzlich 1:1 umzusetzen und die EU-rechtlich vorgesehenen Spielräume sind vor allem im Hinblick auf eine einfache Umsetzung unbedingt zu nutzen. Nur so bleibt die deutsche Landwirtschaft wettbewerbsfähig. - Um die definierten Ziele erreichen und anspruchsvolle Aufgaben für die Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raumes erfüllen zu können, muss die GAP auch weiterhin über eine ausreichende Finanzierung verfügen. Dafür ist im Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028-2034 ein GAP-Budget mindestens in der bisherigen Höhe zuzüglich Inflationsausgleich erforderlich.
- Die künftige GAP muss einen neuen Ausgleich finden zwischen Ökologie und Ökonomie, zwischen Wertschöpfung und der verlässlichen Einkommenssicherung der Landwirtinnen und Landwirte auf der einen Seite und berechtigten Erfordernissen des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes auf der anderen Seite. Sie muss zugleich deutlich verständlicher in der Konzeption und zugleich einfacher in der Abwicklung werden und das Risikomanagement noch mehr in den Fokus rücken.
- Die künftigen Regeln dürfen unsere Landwirtinnen und Landwirte sowie die Akteurinnen und Akteure der weiteren Förderprogramme zur Stärkung der ländlichen Räume nicht überfordern. Im Gegenteil: Wir müssen sie entlasten. Im Sinne der Landwirtschaft sind dringend durchschlagende Maßnahmen zum Bürokratieabbau erforderlich – vor allem hinsichtlich der Abschaffung unnötiger Melde- und Dokumentationspflichten im „new delivery model“. Modulare Ansätze werden den unterschiedlichen natürlichen, regionalen, strukturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten der Landwirtschaftsbetriebe gut gerecht; dies gilt es auszubauen.
- Auflagen und Bewirtschaftungserschwernisse, die über die gute fachliche Praxis hinausgehen, aus Gründen des Klima-, Arten- oder Naturschutzes müssen konsequent kompensiert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass bloße Mitnahmeeffekte vermieden werden. „Leistung für Leistung“ muss der Grundsatz bleiben.
- Die unionsgeführten Agrarressorts befürworten eine Beibehaltung der beiden grundlegenden Säulen der GAP und die Beibehaltung der Grundstützung in der 1. Säule für die vielfältigen Leistungen der Landwirtschaft, die nicht über den Markt kompensiert werden. Sie sprechen sich dafür aus, die Agrarumwelt-, Klima- und Tierwohlmaßnahmen (AUKTM) künftig ausschließlich auf regionaler Ebene zu verankern. Umweltleistungen müssen geeignet sein, Einkünfte für die Landwirtinnen und Landwirte zu erwirtschaften. Hierzu bedarf es des Instruments von Leistungsprämien über Zuwendungen; ein Prämienaufschlag von mindestens 20 Prozent ist hierfür erforderlich. Die Idee der Ökoregelungen sollte konsequent in der 2. Säule der GAP verankert werden, einschließlich der Mittel. Auch sollte eine flexible Anpassung der Zielwerte und der Prämiensätze sowie an die regionalen Gegebenheiten bei gegebenem Budget möglich sein.
- . Die unionsgeführten Agrarressorts bekennen sich zum Grundsatz der Konditionalität, um die Akzeptanz der GAP in der Öffentlichkeit zu sichern. Regelungen, die nicht mehr in die Zeit passen, wie bspw. GLÖZ 8, sind dauerhaft abzuschaffen. Die GLÖZ-Regelungen müssen sowohl im Sinne der Subsidiarität als auch durch eine stärkere Berücksichtigung der guten landwirtschaftlichen Praxis in der Verantwortung der Betriebe reduziert und vereinfacht werden.
- . In der künftigen GAP nach 2027 sollen insbesondere Junglandwirtinnen und Junglandwirte und kleinere und mittlere Betriebe sowie solche in benachteiligten Gebieten weiter eine verstärkte Unterstützung erhalten. Dies ist wichtig, um die Landwirtschaft in der Fläche zu erhalten und auch für junge Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter attraktiv zu gestalten.
- . Pflanzenschutz dient der Erzeugung von hochwertigen Lebensmitteln und der Ernährungssicherung. Den Einsatz insbesondere chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel zu reduzieren ist ein gutes und richtiges Ziel, das die unionsgeführten Agrarressorts unterstützen.
Um ein „level playing field“ ohne Wettbewerbsverzerrungen zu schaffen, ist in diesem Bereich zwingend eine europäische Harmonisierung erforderlich. Dabei muss sichergestellt werden, dass für jedes Schadensrisiko auch wirksame Bekämpfungs- und Schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen. Notwendig ist ein breites Forschungs- und Förderprogramm für alternative Pflanzenschutzmethoden, um so eine nachhaltige Erzeugung hochwertiger Lebensmittel zu gewährleisten. Auch in die EU importierte Agrarprodukte müssen vergleichbare Produktionsstandards aufweisen, um die hohen EU-Standards nicht zu unterlaufen. Das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft muss weiterentwickelt werden. - . Dem Anbau von Eiweißpflanzen kommt perspektivisch große Bedeutung zu; eine entsprechende Unterstützung im Rahmen der GAP ist zielführend.
- . Eine aktualisierende Überarbeitung von Vorschriften zur tierschutzgerechten Tierhaltung muss mit Augenmaß erfolgen und darf die Tierhalter nicht überfordern. Darüberhinausgehende Standards in der Erzeugung tierischer Lebensmittel sind freiwillig und mit sehr hohem Aufwand verbunden, weshalb diese nur bei entsprechender finanzieller Honorierung erreicht werden können.
- . Regionale Vermarktung ist ein wichtiges Element, insbesondere für landwirtschaftliche Unternehmen. Die unionsgeführten Agrarressorts sprechen sich daher dafür aus, bei einem anerkannten Qualitätsprogramm, das eine besondere Prozessqualität beispielsweise hinsichtlich der Stärkung der Nachhaltigkeit, des Klimaschutzes, des Tierwohls und der Biodiversität aufweist, eine deutlichere Herausstellung des Regionalaspekts zu ermöglichen. Den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die gezielt zu Produkten der Qualitätsprogramme greifen, sollte Regionalität eindeutig kommuniziert werden können...
- . Die unionsgeführten Agrarressorts sehen es zudem als unerlässlich an, den Ländlichen Raum als lebenswerten, gleichwertigen Wirtschafts- und Arbeitsort attraktiv zu halten und weiter zu gestalten. Die GAP muss hierzu auch künftig einen zentralen Beitrag leisten.
Die Verankerung einer nachhaltigen Entwicklung in ländlichen Räumen in der zukünftigen GAP wird im Besonderen unterstützt. - . Ländliche Regionen und eine Politik der ländlichen Entwicklung müssen in Umsetzung des in Art. 174 Satz 3 AEUV formulierten Anspruchs als eigenständiges Politikziel in der EU-Politik ab 2028 erkennbar verankert und mit angemessen Mitteln und wirkungsvollen Instrumenten hinterlegt werden. Das Ziel starker und widerstandsfähiger ländlicher Räume muss daher auch im zukünftigen GAP-Rechtsrahmen verankert sein.
- . Die Stärkung ländlicher Räume ist eine übergeordnete Aufgabe, zu der alle Fachpolitiken einen Beitrag leisten müssen. Ländliche Räume und Landwirtschaft sind eng miteinander verbunden: Lebenswerte ländliche Räume brauchen eine nachhaltige und in der Gesellschaft verankerte Landwirtschaft.
- . Den Ländern sollten in der GAP ab 2028 wieder eigene Entwicklungsprogramme für den Ländlichen Raum zur Verfügung stehen.
- . Die Möglichkeiten für fondsübergreifende CLLD-Ansätze (bottom-up für LEADER) müssen auch in der neuen Förderperiode bestehen bleiben, um die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Akteure vor Ort zu stärken sowie die Förderung an regionale und lokale Bedarfe und Gegebenheiten auszurichten.
- . Vereinfachung muss konsequent umgesetzt werden. Wo immer möglich, sollten aktuell geltende Vorschriften für Programmumsetzung, Verwaltungs- und Kontrollsysteme, bei gleichzeitigem Ausschöpfen aller Möglichkeiten für Vereinfachungen, fortgesetzt werden.
- . Die Institutionen der Europäischen Union müssen unbedingt Sorge dafür tragen, die Beschlussfassung über die künftige GAP rechtzeitig herbeizuführen. Eine frühzeitige Einbindung der EU-Mitgliedstaaten und der Länder entsprechend dem geltenden EU-Recht (Artikel 5 III EUV i.V.m. Protokoll Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit) ist hierbei zwingend.