Der Verlauf des Vogelgrippegeschehens in Baden-Württemberg belegt, dass unser Vorgehen richtig war. Durch ein frühzeitiges und konsequentes Handeln der Veterinärbehörden und ein umsichtiges Agieren der Geflügelhalter konnte bei uns ein Übergreifen der Wildvogelseuche auf Nutzgeflügelbestände verhindert werden. Damit konnten wir großen Schaden für die Geflügelhalter und ihre Tiere abwenden“, sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk MdL, am Freitag (21. April) in Stuttgart. Nachdem die Vogelgrippewelle abgeflaut sei und die Zugvögel aus den Winterquartieren in ihre Brutgebiete zurückgekehrt sind, könne nun die risikoorientierte Stallpflicht im gesamten Land aufgehoben werden.
„Die Experten sehen in Baden-Württemberg derzeit keine Notwendigkeit zur weiteren vorbeugenden Aufstallung von Geflügel“, betonte Hauk. Der letzte Vogelgrippe-Befund bei einem Wildvogel im Land sei am 22. Februar 2017 festgestellt worden. Das Friedrich-Loeffler-Institut stufe unter diesen Voraussetzungen in seiner aktuellen Bewertung das Eintragsrisiko in Geflügelbestände als gering ein. Bundes- und europaweit entspanne sich die Lage. Auch wenn die Stallpflicht aufgehoben werde, würden die erhöhten Biosicherheitsmaßnahmen in Kleinbeständen bundesweit bis einschließlich 20. Mai dieses Jahres weiter gelten. In größeren Haltungen seien diese ohnehin dauerhaft Pflicht.
In Deutschland gab es bis zum 20. April 2017 insgesamt 91 Ausbrüche der Geflügelpest bei Nutzgeflügel und 15 Ausbrüche bei Vögeln in Zoo und Wildparks. Nach Schätzungen des Zentralverbands der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) sollen die wirtschaftlichen Schäden beim Nutzgeflügel bei ungefähr 40 Millionen Euro liegen. Die R+V-Versicherung, als größter Versicherer im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung, meldete kürzlich dreimal so viele Schadenfälle wie bei den letzten größeren Geflügelpestgeschehen in den Jahren 2008/2009 und 2014/2015.
„Ende der Stallpflicht ja, komplette Entwarnung nein. Die Gesunderhaltung unserer Nutztierbestände ist angewandter Tierschutz und eine zentrale Daueraufgabe“, erklärte der Minister. Derzeit würden die Veterinärexperten des Landes das abgelaufene Seuchenereignis aufarbeiten und ihre Schlüsse daraus ziehen.
„Wir nehmen die Entwicklungen der letzten Wochen sehr ernst und werden die richtigen Schlussfolgerungen aus den gewonnenen Erkenntnissen ziehen, damit wir für ein künftiges Vogelgrippegeschehen noch besser gerüstet sind. Beunruhigend ist, dass sich das Virus häufig verändert und neue Varianten entstehen. Mit einem 5-Punkte-Plan wollen wir uns im Land auf künftige derartige Situationen vorbereiten. Da es sich nicht nur um ein regionales Geschehen handelt, sind auch der Bund und die EU gefordert, den Schutz gehaltener Vögel und von Nutzgeflügel gegen eine Ansteckung mit Aviären Influenzaviren weiter zu verbessern. Dabei müssen die Haltungsanforderungen der Tiere einbezogen werden“, betonte der Minister.
5-Punkte-Plan:
1) Biosicherheitsmaßnahmen als zentrales Element
„Die Veterinärverwaltung und die Task Force Tierseuchenbekämpfung in Baden-Württemberg haben bereits damit begonnen, die Konzepte zur Biosicherheit näher zu analysieren. Zur Vorbereitung auf künftige Geflügelpestgeschehen werden Biosicherheitsmaßnahmen vor allem in größeren Putenhaltungen im Land überprüft und gegebenenfalls weiterentwickelt. Denn gerade dort können bei einem Ausbruch der Geflügelpest enorme wirtschaftliche Schäden entstehen, wie sich in anderen Regionen gezeigt hat“, erklärte der Minister.
2) Task Force Tierseuchenbekämpfung
Baden-Württemberg erarbeitet Empfehlungen und übernimmt Beratung
Mit der Task Force Tierseuchenbekämpfung verfüge Baden-Württemberg im Veterinärbereich über eine schlagkräftige Einheit, die sich beim aktuellen Vogelgrippegeschehen erneut bewährt und die zuständigen Verwaltungen fachlich und personell unterstützt habe. Ein wesentlicher Schwerpunkt der künftigen Arbeit der Task Force werde die Situationsbewertung und Weiterentwicklung der vorbeugenden Biosicherheitsmaßnahmen sein. „Darüber hinaus brauchen wir die Experten in der Beratung vor Ort und vor allem bei der Überwachung der besonders gefährdeten Bestände“, betonte Minister Hauk.
3) Monitoring wird verstärkt fortgesetzt
Auch werde im Land das Wildvogelmonitoring weiterhin verstärkt fortgesetzt. So seien in den vergangenen Monaten insgesamt über 1.700 eingesandte Wildvogel-Proben auf das Vogelgrippe-Virus untersucht worden. „Ein besonderer Dank gilt den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, allen Bürgerinnen und Bürgern sowie unseren Jägern und Förstern und den ornithologischen Sachverständigen, die beim aktiven und passiven Wildvogelmonitoring mitgewirkt haben und sich weiterhin beteiligen. Sie haben unsere Arbeit wesentlich unterstützt“, betonte Hauk.
4) Bessere Regelungen für Kleinst- und Rassegeflügelhalter
Eine große Herausforderung stellten in den zurückliegenden Monaten die Geflügelpest und die dadurch nötigen Maßnahmen für Hobby- und Rassegeflügelhalter dar. „Die Umsetzung der Aufstallung gestaltete sich vor allem bei Kleinst- und Hobbygeflügelhaltungen schwierig. Gemeinsam mit den Rassegeflügelzüchtern haben wir deshalb eine Arbeitsgruppe gebildet, um hier in Zukunft auf die speziellen Anforderungen dieser Geflügelhaltungen eingehen zu können“, sagte der Minister. Es gehe um Empfehlungen und Leitlinien zur Einrichtung von Schutzvorrichtungen in den Ausläufen, damit die Tiere auch im Falle einer Aufstallung die Möglichkeit zum Auslauf ins Freie oder bei Wassergeflügel eine Bademöglichkeit hätten.
5) Vermarktungsregelungen
für Eier müssen stärker auf länger andauerndes Geflügelpestgestehen abgestimmt werden „Das zurückliegende Geflügelpestgeschehen hat gezeigt, dass die Verbraucher und der Lebensmittelhandel hinter unseren Erzeugern stehen. Klar wurde aber auch, dass die EU-Vermarktungsnormen sowie die Erfordernisse der Tiergesundheit und die der Tierseuchenbekämpfung noch stärker miteinander in Einklang gebracht werden müssen“, betonte der Minister. Den Nutzgeflügelhaltern müssten ausreichende Planungs- und Vermarktungssicherheit geboten werden. Die Regelungen zur 12-Wochen-Frist, wonach Freilandeier nach einer dreimonatigen Aufstallungsdauer der Hühner nicht mehr als solche vermarktet werden können, müssten an die Erfordernisse der Tiergesundheit angepasst werden. „Wir brauchen kein starres Festklammern an Wochen oder Tagen. Wir brauchen tragfähige Lösungen, die sich auch in der Praxis umsetzen lassen“, erklärte der Minister. Wichtig sei es, dass die Regelungen für die Verbraucher transparent seien. Baden-Württemberg werde sich deshalb in Berlin und Brüssel dafür stark machen, die geltenden Vorschriften weiterzuentwickeln und anzupassen. Gemeinsam mit dem Handel und den Erzeugern müssten schnelle und klare Regelungen zur Kennzeichnung gefunden werden, die am Ende dem Verbraucher gerecht werden.