Landwirtschaft 4.0

Arbeitskreis Smart Farming

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Landwirt im Schlepper

An „Best practice“ Beispielen lernen

Die Frühjahrssonne scheint, die Felder sind abgetrocknet. Frank Baumann (Höpfingen) hat seinen Düngerstreuer angehängt und streut auf seinem Weizenschlag exakt 225 kg Kalkammonsalpeter pro Hektar. Das übernimmt der ISOBUS gesteuerte Düngerstreuer. Bei dieser Technik wird die tatsächliche Ausbringmenge mit dem computergesteuerten Ausbringschieber geregelt. Egal wie schnell der Landwirt fährt, die gewünschte Ausbringmenge bleibt immer gleich. Weiter sind die Feldgrenzen auf dem Terminal hinterlegt und über GPS wird die Position des Traktors auf dem Feld exakt geortet. So wird sichergestellt, dass kein Düngerkorn außerhalb des Feldes landet.

Mithilfe der ISOBUS Steuerung kann der Dünger gezielt ausgebracht werden: Überlappungen werden verhindert und Streufehler vermieden. Doch auch der Pflanzenbestand profitiert von der exakten Ausbringung des Düngers: die Pflanzen wachsen und reifen gleichmäßiger und die Qualität ist am Ende besser.

„Dies ist nur ein Beispiel, wie moderne Technik in der praktischen Landwirtschaft Einzug gehalten hat“, erklärt Berater Karl-Otto Sprinzing vom Fachdienst Landwirtschaft in Buchen. Der Fachdienst organisiert in Zusammenarbeit mit dem Maschinenringen Mosbach und Odenwald-Bauland einen Arbeitskreis über „Smart Farming“. Ziel ist der Informations- und Erfahrungsaustausch von Praktikern, die schon die neue digitale Technik einsetzen und Herstellern.

Dabei holen sich die Landwirte Anregungen auch überregional durch „best practice“ Beispiele:

Herrmann Trunk (Walldürn) überträgt die Antragsgeometrien aus FIONA (Flächeninformation und Online-Antrag für flächenbezogene Zahlungen und Ausgleichszahlungen für erbrachte Umweltleistungen) und elektronischem Flurstücksverzeichnis auf seinen örtlichen PC und von dort aus auf das Terminal seines Traktors mit Parallelfahrsystem. Mit Hilfe eines Korrektursignals kann er seine Schläge genau entlang der Feldgrenzen bearbeiten. So werden Flächenabweichungen verhindert und eventuelle Rückforderungen bei einer festgestellten Grenzänderung im Rahmen einer Flächenkontrolle vermieden.

Klaus Münchhoff, Ackerbauer aus dem Harz, berichtet über den Einsatz RTK (Real Time Kinematic - Verfahren zur präzisen Bestimmung von Positionskoordinaten) gelenkter Parallelfahrsysteme sowie die bedarfsgerechte Stickstoffdüngung und den optimalen Einsatz von Wachstumsreglern mit Hilfe eines aktiven Stickstoffsensors. Darüber hinaus hat er in seinem Mähdrescher eine Ertragserfassung eingebaut, mit der er Ertragskarten für seine Schläge erstellt. Um das Gesamtkonzept abzurunden, untersucht er mit einem Bodenscanner seine Ackerböden. Dank der Technik kann er seinen Grunddünger gezielt und bedarfsgerecht auf die Flächen entsprechend der natürlichen Ertragsleistung der Böden ausbringen. Durch gezielte Kalk- und Kompostgaben versucht er Standortunterschiede auszugleichen und so eine möglichst gleichmäßige hohe Qualität seiner Feldfrüchte zu erzielen. Mithilfe der sensorbasierten Stickstoffdüngung reifen die Bestände gleichmäßiger ab und es können Lagerschäden vermindert werden. Dadurch kann die Mähdruschleistung verbessert werden. In der Summe all dieser „Smart Farming“ Maßnahmen spart Münchhoff jährlich bis zu 80 €/ha an Kosten ein. Hinzu kommen die positiven und nachhaltigen Auswirkungen auf die Umwelt durch die Einsparung von fossilen Brennstoffen und Betriebsmitteln.

Auch in der Erntetechnik hält die Digitalisierung Einzug. Dr. Daniel Fischer, Produktmanager eines Mähdrescherproduzenten erläutert in einem Fachvortrag die unterschiedlichen Wirkungsweisen der Ertragserfassung beim Mähdrescher und wie daraus Ertragskarten erstellt werden. Dazu kommen verschiedene Möglichkeiten der Optimierung der Mähdreschereinstellung und des Druschvorgangs. Mit Hilfe der Digitalisierung werden die Effektivität, Effizienz und Leistung gesteigert, zunehmend werden die Erntevorgänge automatisiert bzw. autonom.

Michael Braun, Produktmanager eines Herstellers von Bodenbearbeitungsgeräten, erklärt die praktische Umsetzung von „Controlled Traffic Farming“ in einem Großbetrieb in Tschechien. Auf den Feldern des Betriebs werden feste Fahrspuren mit RTK-Genauigkeit angelegt und die Spurbreiten der Arbeitsgeräte und die Arbeitsbreiten der verschiedenen Geräte aufeinander abgestimmt. Auch Hindernisse wie Strommasten, Bäche oder Feldgehölze gehen in die Planung der Fahrgassen ein. Diese werden so angelegt, dass die Hindernisse möglichst effektiv umfahren werden. Auch die Einfahrten auf das Feld wurden im Voraus bestimmt. Des Weiteren wurde die gesamte Logistik bei Aussaat, Pflege, Düngung und Ernte. Der Fokus bei diesem System der Landbewirtschaftung liegt in der größtmöglichen Bodenschonung. Durch die gezielte Lenkung der Überfahrten kann die überfahrene Fläche auf dem fruchtbaren Ackerboden auf ca. 8 % gesenkt werden, bei einer herkömmlichen Bewirtschaftung liegt sie bei bis zu 100 % oder mehr. Man darf gespannt sein, wie sich künftig die Bodenstruktur und die Erträge mit diesem System entwickeln werden. Möglicherweise lassen sich manche Erfahrungen auch auf baden- württembergische Verhältnisse übertragen.