Landwirtschaft 4.0

Digitalisierung im Praxistest

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Sensoren am Schlepper

Einführung neuer Technologien in die Praxis

Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg prüft im Projekt „Landwirtschaft 4.0“ verschiedene digitale Anwendungen im Pflanzenbau.

Die Frage der Praxistauglichkeit steht im Mittelpunkt eines Teilprojekts, das sich mit verschiedenen Ansätzen der teilflächenspezifischen Stickstoff-Düngung befasst. Ziel ist es, unterschiedliche Verfahren zu vergleichen und den Mehrwert der verschiedenen Techniken abzuschätzen. Die Versuche führt das LTZ auf dem Hofgut Maxau bei Karlsruhe durch, das zudem als Pilotbetrieb fungieren soll. Für die Versuchsdurchführung stehen dem LTZ Sensoren und Geodaten zur Verfügung: Das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung hält Luftbilder, Höhenmodelle und Laserscandaten vor. Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg bereitet umweltrelevante Informationen wie z. B. zu Gewässern und Schutzgebieten nutzbar auf. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau bietet Geodaten zum Thema Boden, z. B. die Bodenschätzung.

Fernerkundung eignet sich ebenfalls zur Erfassung von Pflanzenzuständen. Diese werden regelmäßig und inzwischen mit kurzen Abständen von aktuellen Satellitenmissionen erfasst oder können mit unbemannten Luftfahrtsystemen lokal und unabhängig von der Wolkenbedeckung erfasst. Die optischen Daten der beiden Sentinel-2 Satelliten sind für dieses Projekt von besonderem Interesse. Auf allen Versuchsstandorten wurden Ertragskartierungen und eine Grundbodenuntersuchung durchgeführt.
Am Ende des Projekts soll u. a. die Frage geklärt sein, welche Vorteile eine auf Sensoren und georeferenzierte Daten basierende Ausbringung gegenüber dem „klassischen“ Verfahren hat, bei dem die Düngermenge gleichmäßig über den Bestand verteilt wird. Eine weitere Fragestellung ist, ob der Einsatz von EDV-gestützten Programmen eine deutlich gezieltere Bestandsführung ermöglicht und letztendlich dabei hilft, Düngemittel und Wachstumsregler einzusparen.

Digitale Assistenten

Ein weiteres Teilprojekt befasst sich mit der Frage, ob die Einhaltung von Abstandsauflagen beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln durch eine Software gesteuert werden kann. Bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln müssen sämtliche Anwendungsbestimmungen beachtet werden. Besonders die Anwendungsbestimmungen zum Schutz von Oberflächengewässern sind sehr komplex. Um den Anwender bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln hier zu unterstützen, haben verschiedene Hersteller digitale Assistenten entwickelt, die den Landwirt auf die einzuhaltenden Abstände hinweisen. Neue Assistenten bieten sogar die Möglichkeit, Applikationskarten zu erstellen. Damit können die Abstandsauflagen automatisch vom Rechner der Feldspritze umgesetzt werden.

Im Rahmen des Projekts sollen anhand eines Kriterienkatalogs eine Marktanalyse der verfügbaren Assistenten durchgeführt und geeignete Assistenten getestet werden. Die Praxistauglichkeit wird dann in zwei Betrieben überprüft. Untersucht werden u.a. ob der Assistent Indikation und Anwendungsbestimmungen vollständig und fehlerfrei anzeigt, ob er die Einstufungen der Bienengefährdung auch bei Tankmischungen richtig angegeben werden oder ob die Gewässer in der Software mit dem Gewässernetz übereinstimmen.

Temperatursteuerung im Spargel- und Erdbeeranbau

Mit einem ganz anderen Thema befasst sich das dritte Teilprojekt: die Temperatursteuerung im Spargel- und Erdbeeranbau. Im Spargelanbau unter Folie ist die Temperatursteuerung im Damm von entscheidender Bedeutung. Zu hohe Temperaturen führen zu Ertrags- und Qualitätsverlusten. Auch ist auf ein ausgeglichenes Temperaturverhältnis zwischen den verschiedenen Dammtiefen zu achten. Mit Sensoren lassen sich die Temperaturen in unterschiedlichen Tiefen messen. Würde man in verschiedenen Anbaugebieten Baden-Württembergs solche Sensoren installieren, könnte ein Temperaturservice zur Verfügung gestellt werden. Dieser ließe sich mit den Daten von Wetterstationen so weiterentwickeln, dass Prognosen für Krankheiten erstellt oder optimale Erntetermine vorhergesagt werden können. Das LTZ prüft für sechs Standorte die Entwicklung eines landeseigenen Temperaturservices.

Bei Erdbeeren gewinnt der geschützte Anbau zunehmend an Bedeutung. Um ein optimales Wachstum zu erzielen, ist unter anderem auf eine gleichmäßige Temperaturführung und Luftfeuchtigkeit im Folientunnel zu achten. Temperaturen über 28 °C über einen längeren Zeitraum verursachen  Verbrennungen und Schäden an den Erdbeerpflanzen. Bereits am frühen Morgen müssen die Betriebsleiter entscheiden, ob der Tunnel gelüftet werden soll oder nicht. Mit Hilfe von Temperatursensoren will das LTZ prüfen, ob es möglich ist, eine computergestützte Entscheidungshilfe für das Lüften der Tunnel zu entwickeln.

Zunächst gilt es, ein Netz von Pilotbetrieben aufzubauen, die mit Sensoren ausgestattet werden. Die erfassten Temperaturdaten sollen dann der Beratung und den Anbauern zur Verfügung gestellt werden.