Landwirtschaft 4.0

Tierhaltung

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Melkroboter

Automatisch Melken und Weidegang im ökologischen Landbau

High-Tech und die ursprünglichste Form der Rinderhaltung – lässt sich das kombinieren und passt die Technik zum ökologischen Landbau?

Die Kühe lassen sich vollautomatisch ohne praktisches Zutun der Landwirtinnen und Landwirte melken. Es war lange Zeit nur eine Vision, sich dieser strikten Terminfessel im Tagesablauf zu entledigen. Doch vor etwa 20 Jahren wurde sie Wirklichkeit. Melkroboter wurden praxisreif und sind inzwischen ein Trend in der Milcherzeugung. Nicht nur das Melken geht dadurch automatisch. Die Maschine registriert die Besuche, Milchmengen, und Melkdauer jeder Kuh. Darüber hinaus werden während des Melkvorganges eine Reihe von Parametern in der Milch gemessen, die Aussagen über die Tier- und vor allem die Eutergesundheit ermöglichen. Aus dem Landwirt wird zunehmend ein Datenwirt, der in der Lage sein muss, wichtige von unwichtigen Informationen zu unterscheiden und dennoch die Vorgänge aufmerksam zu überwachen.

Und was sagt das Tier dazu?

Die Daten sind dem Tier egal. Ihm geht es darum, seinen Bedarf an Futter, Wasser und artgerechtem Verhalten zu decken. Sozialer Stress, Krankheit und Verletzungen müssen vermieden werden. Ein automatisches Melksystem hat den Vorteil, dass die Kühe individuell entscheiden können, wann sie sich melken lassen wollen. Das reduziert Stress, denn sie müssen nicht morgens und abends auf engen Raum zusammengetrieben werden und sich zum Melken zunächst in einen Wartebereich begeben. Automatisches Melken kommt den Kühen entgegen, da in deren Herden natürlicherweise eine ausgeprägte soziale Rangordnung herrscht. Eine ganz besondere Bedeutung gewinnt es, wenn, wie im ökologischen Landbau häufiger anzutreffen, Kühe mit Hörnern gehalten werden. Denn in diesem Fall bedeutet ein Treiben und Warten der Kühe auf engem Raum erhöhte Verletzungsgefahr.

Weidegang – nicht mehr allein ein Bild von früher

Die Kühe grasen auf der Weide. Ein Bild, dass zum Zeitgeist passt, denn Tierwohl und Weidegang sind in aller Munde. Es tut den Kühen gut, draußen zu sein, an der frischen Luft und nicht im Stall, frisches Gras zu fressen und sich auf Naturboden auf großen Flächen zu bewegen. Darüber sind sich Milcherzeuger und Verbraucher einig. Deshalb lassen immer mehr Landwirtinnen und Landwirte ihre Kühe raus. Im ökologischen Landbau ist es sogar Pflicht, wenn es der Betrieb irgendwie realisieren kann. Kann er es nicht, weil ihm z. B. Weideflächen fehlen, der Stall in Ortslage liegt oder befahrene Straßen Stall und Weideflächen voneinander trennen, muss er dafür zumindest einen Auslauf bieten. Dadurch kommen die Kühe auch in den Genuss von frischer Luft und Außenklimaeinflüssen.

Automatisches Melken und Weidegang – also die perfekte Kombination ?

Wenn die Kühe auf der Weide sind, können sie sich nicht durch den Melkroboter melken lassen. Das ist grundsätzlich ein Problem, denn der Roboter ist teuer und sollte möglichst viel Milch ermelken. Außerdem möchte der Landwirt seine Kühe nicht von der Weide zum Roboter treiben müssen, denn dadurch wird seine Arbeitsersparnis wieder aufgezehrt. Wie kann dieser Konflikt gelöst werden? Für die Kombination von Melkroboter und Weidegang gibt es verschiedene Grundvoraussetzungen: Weideflächen mit Anschluss zum Stall, gesunde Kühe, die gerne laufen und ein Landwirt, der bereit ist, für die Gegebenheiten vor Ort ein funktionierendes System zu finden, denn Stellschrauben gibt es viele.

Wie sieht das passende System aus?

Wichtig ist, dass die Kühe regelmäßig von selber von der Weide in den Stall zum Melken kommen. Dazu ist ein Lockfutter im Melkroboter unbedingt notwendig. Der Weg in den Stall kann außerdem durch regelmäßige Futtervorlage im Stall unterstützt werden. Durch die Steuerung des Weidezuganges kann die gewünschte Melkfrequenz sichergestellt werden. Eine ständig offene Stalltür erhöht das Risiko, dass die Kühe nicht häufig genug zum Melken kommen und geholt werden müssen. Wenn jedoch die tägliche Weidezeit eingeschränkt wird oder gar tierindividuell über ein automatisches Selektionstor nur Kühe auf die Weide gehen dürfen, die nicht zum Melken anstehen, dann kann dieses Problem effektiv gelöst werden.

Fazit

Die Kombination aus Weidegang und Melkroboter ist ein anspruchsvolles Verfahren und zugleich ein anschauliches Beispiel dafür, wie sich durch technischen Fortschritt und Digitalisierung Vorteile für Mensch und Tier realisieren lassen.