Heute schon das Navi genutzt? Auch darin steckt ein Algorithmus – allerdings ein ganz anderer als etwa bei Preisfindung. Bei der Nutzung gibt es einiges zu beachten: Wir zeigen, wie Sie Ortungsdienste in den Griff bekommen.
Noch vor 15 Jahren wühlten sich die meisten Menschen per Atlas oder Papier-Straßenkarte durch den Straßenverkehr. Dabei mussten Mitfahrer meist die Route heraussuchen und rechtzeitig Abbiegungen melden. Eine knifflige Aufgabe, die oft zu Streit führt – und die ein Algorithmus deutlich besser lösen kann.
Denn das Errechnen einer optimalen Route in einem Straßennetz ist eine klassische Rechenaufgabe mit vielen Daten und einer überschaubaren Anzahl von Variablen. „Führe mich von A nach B und sage mir, wie lange es dauern wird“ – das ist die Zielstellung dieses sehr klassischen Algorithmus. Mittlerweile sind sie ausgefeilter denn je und bieten immer mehr Funktionen – selbst Echtzeit-Informationen fließen mittlerweile ein, also Baustellen, Sperrungen und Staus. Jeder kennt die Optionen, die das Navi nach der Zieleingabe ausspuckt:
- Mit welchem Verkehrsmittel ist man unterwegs?
- Möchte man die kürzeste Strecke oder die schnellste Route zurücklegen?
- Möchte man bestimmte Wege wie Mautstraßen oder Fähren meiden?
- Tauchen während der Fahrt alternative Routen auf, die sich aufgrund der Verkehrslage als besser erweisen?
Die Vorteile von vielen Daten unterschiedlicher Nutzer werden hier besonders deutlich: Wenn ausreichend viele Menschen dasselbe System mit seinem Algorithmus nutzen und mit immer neuen Daten über die aktuelle Verkehrslage füttern, wird das Navi auch zufriedenstellender funktionieren und der Algorithmus kann ein genaueres Ergebnis errechnen.
Welche Ortungsdaten will ich preisgeben?
Vielen Nutzern eines Navigationsgeräts oder einer Navigationsfunktion im Handy ist dabei gar nicht bewusst, dass ihr Bewegungsprofil bei der Benutzung aufgezeichnet und dem System zur Verfügung gestellt wird. Denn nur so können Staus und Störungen erkannt werden: Wenn plötzlich viele Nutzer auf der A81 bei Leonberg nur langsam vorankommen, machen Wegfindungs-Algorithmen die Nutzer der Route darauf aufmerksam.
Die Frage, die sich jeder Nutzer stellen sollte: Will ich, dass meine Bewegungsdaten (wenn auch anonymisiert, mit anderen vermischt und für andere Nutzer damit nicht auf mich zurückführbar) mit der Welt geteilt und von Algorithmen verwertet werden? Ich selbst gebe mich dadurch nicht unbedingt zu erkennen. Aber dennoch sind es äußerst persönliche Daten, die meine Geräte und meine Systeme sammeln und mit anderen Datensätzen zusammenfassen.
Kniffliger wird die Wegfindung übrigens beim öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Denn hier geht es bei der Strecke nicht mehr nur darum, mit einem einzigen, bestimmten Verkehrsmittel von einem Ort zum anderen zu kommen – sondern unterwegs verschiedene Verkehrsmittel wie Bus, Bahn, Fahrrad, Fußweg oder eventuell auch Leihwagen oder Leihrad mit einzuberechnen. Durch die Vielzahl der Möglichkeiten wird die Anzahl der nötigen Datensätze deutlich mehr, der Rechenaufwand für den Algorithmus dementsprechend höher. Mehrere Anbieter versuchen sich daran, das Problem mit schlauen Wegfindungsroutinen zu lösen.
Auch hier müssen Daten und Informationen von ganz unterschiedlichen Datenbanken und einer möglichst großen Anzahl von Nutzern zusammengeführt werden. Die Frage ist: Wollen die Nutzer das in Zukunft überhaupt?
Einfache Algorithmen
Für Stefan Funke, Professor und Leiter der Algorithmik-Abteilung am Institut für Formale Methoden der Informatik an der Universität Stuttgart, ist die Routenplanung ein Paradebeispiel für klassische Algorithmen: „Hier sind die Parameter genau definiert – das Straßennetz ist gegeben, ich habe Reisezeiten auf allen Segmenten des Straßennetzwerks und möchte den schnellsten Weg von A nach B“, erklärt er. „Es ist nicht so schwer, einen Algorithmus zu finden, der das beweisbar und optimal löst.“
Diese Wegfindungs-Algorithmen zählen also – im Gegensatz etwa zu Künstlicher Intelligenz oder Machine-Learning-Anwendungen zu „statischen“ Algorithmen: Ihre Wegfindungs-Regeln und ihr Straßennetz werden einmal festgelegt und ändern sich dann nur, wenn das Programm durch ein Update erneuert wird. Ein Navi lernt abgesehen von der aktuellen Verkehrslage nicht dazu und entdeckt keine neuen Routen – was so manchen Autofahrer, der immer und immer wieder seine eigenen Schleichwege nutzt, in den Wahnsinn treiben kann.
Ihre Bewegungsdaten sind spannend – für Unternehmen wie für Menschen, die Ihnen Schlechtes wollen. Denn sie verraten, in welchen Nachbarschaften ich mich bewege, wo und wann ich arbeite, wo ich einkaufe oder wann ich zu Hause bin. Deswegen lohnt es sich, seine eigenen GPS-Bewegungsdaten im Auge zu haben. Lernen Sie mit den folgenden drei Tipps, wie Sie Ihre Navigations-Apps und Handys besser im Zaum halten, was Ihre Bewegungsdaten angeht.
1. Die Ortungsdienste meiner Apps ein- und ausstellen
Die Apps Ihres Mobiltelefons greifen manchmal auf Ihre Bewegungsdaten zurück. Das machen sie, um etwa Routen zu berechnen, Geschäfte in Ihrer Nähe aufzulisten, Ihre Position auf einer Karte anzuzeigen oder Angebote in einer bestimmten Sprache zu unterbreiten. Auch Streaming-Anbieter wie Netflix oder Spotify möchten wissen, wo sie sich befinden – denn ihr Angebot unterscheidet sich von Land zu Land. Mittlerweile können Sie in den Geräten allerdings klar definieren, welche App wann und wie lange Zugriff auf Ihren Standort haben darf. So können Sie auch unliebsamen Datenstaubsaugern einen Riegel vorschieben. Diese Ortungsdienste lassen sich in den Einstellungen – meist etwas versteckt – anpassen.
Besitzen Sie ein Mobiltelefon, auf dem Google Android läuft finden sich die Einstellungen zu den Ortungsdiensten je nach Gerät oder Software-Version an unterschiedlicher Stelle. Ein Beispiel für die Einstellung von Ortungsdiensten finden Sie hier.
Bei mobilen Apple-Geräten mit dem Betriebssystem iOS gibt es einen eigenen Bereich zur Erfassung der Bewegungsdaten in den Einstellungen, und zwar unter „Datenschutz“ > „Ortungsdienste“. Dort können Sie für jede einzelne App, aber auch systemweit einstellen, wer wann Zugriff auf Ihren Standort hat. Weitere Informationen finden Sie hier.
Wenn Sie mobil online sind, werden von Ihnen Bewegungsprofile angelegt, unabhängig davon, ob Sie auf dem Smartphone die Erfassung des Standorts freigegeben haben oder nicht. Durch die Erfassung der Funkzelle, in der Sie sich bewegen kann ihr Standort unabhängig von der Ortungsfunktion des Smartphones hinreichend genau ermittelt werden. Da Mobiltelefone mit Funkmasten in Verbindung stehen, ist der Nutzer bei eingeschaltetem Empfang jederzeit verfolgbar.
2. Meine Bewegungshistorie im Navi oder bei Online-Kartendiensten im Griff haben
Wer will schon auf Navigationsdienste verzichten? Wohl kaum jemand – trotzdem kann man mit ein paar Klicks bestimmte Optionen nutzen, die die Datensammlung begrenzen und trotzdem nicht die Funktionen einschränken.
Jedes Navigationsgerät speichert die Orte, nach denen man gesucht hat – ähnlich wie eine Suchmaschine meine Anfragen speichert. Dabei ist zwischen stationären und vernetzten Geräten zu unterscheiden – erstere speichern meine Anfragen nur lokal auf dem jeweiligen ab (etwa einige der nachgerüsteten Navigationsgeräte im Auto). Vollintegrierte Infotainment-Systeme oder Smartphone-Navigationsapps hingegen laden die Suchanfragen ins Netz hoch. Zudem kann die Suchhistorie zu unangenehmen Nachfragen führen, wenn andere Personen etwa im Auto oder in Apps wie Google Maps oder Open Street Map sehen, wo Sie überall unterwegs waren.
Denken Sie also stets daran, die Historie der letzten besuchten Orte in Ihren Navigationsgeräten zu löschen – oder es gar nicht so weit kommen zu lassen. Sofern Sie sich mit Ihrem Account bei Google Maps angemeldet haben, gibt es im Menü (zu finden am Handy unter den drei Strichen links oben im Suchbalken) die Funktion „Meine Zeitachse“. Dort können Sie nicht nur sehen, wo überall sie waren – sondern mit einem Klick auf die drei Punkte oben auch die Historie löschen, und die Erfassung von besuchten Orten sogar ganz deaktivieren.
3. Welche System-Funktionen nutzen meinen Standort?
Unsere Mobiltelefone sind unsere ständigen Begleiter, verfügen über eine eingebaute Satelliten-Navigation – und sind deswegen ideale Tagebücher für unsere Bewegungsprofile. Davon sind nicht nur Apps betroffen, sondern auch zahlreiche System-Funktionen.
Bei Apple-Geräten lassen sich diese – eine Ebene tiefer versteckt als die Apps – detailliert einstellen. Gehen Sie dazu wieder in „Einstellungen“ > „Datenschutz“ > „Ortungsdienste“ und scrollen Sie ganz nach unten. Dort finden Sie die „Systemdienste“ – und hier verbergen sich noch eine ganze Handvoll Dienste, die auf Ihren Standort zugreifen möchten. Achtung: Es ist nicht sinnvoll, alles auszustellen! Denn damit schränken Sie grundlegende Funktionen Ihres Handys – etwa den Kompass, die Suche nach verlorenen Geräten oder automatische Zeitzonen-Einstellung – ein. „Ortsabhängige Apple Ads“ und „Ortsabhängige Vorschläge“ können Sie aber getrost ausschalten. Eine Erklärung der Systemdienste im Detail finden Sie auf der Supportseite des Herstellers.
Bei Android-Geräten sind diese Einstellungen auf Systemebene derzeit leider nicht möglich. Das liegt auch daran, dass Google mit den Daten der Android-Geräte Geld verdient.
4. Android-Smartphone ohne Google-Konto nutzen
Die Benutzung eines Android-Smartphones ohne ein Google-Konto ist prinzipiell möglich, aber wahrscheinlich nur für eine sehr kleine Zielgruppe wirklich interessant. Eine Möglichkeit für versierte Nutzer dieser Geräte liegt in der Installation eines alternativen Betriebssystems, etwa eines „nachgebauten“ Android-System wie LineageOS. Mehr Informationen zu diesem freien Betriebssystem finden Sie hier (Englisch). Durch den Verzicht auf Vorzüge wie stets aktuelle und geschützte Apps aus dem Play Store erlangt der Nutzer erheblich mehr Kontrolle über seine eigenen Daten.