Algorithmen

#seiunberechenbar ... bei der Reisebuchung

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Urlaubsbuchung im Internet

Warum schwanken plötzlich die Preise für den Traumurlaub? Die Berechnung von Ferien-Angeboten hängt von vielen Faktoren ab. Einige davon hat man in der Hand – wir zeigen, welche.

Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude – besonders dann, wenn es um den nächsten Urlaub geht. Besonders schön: Dank des Internets lassen sich heute zahllose Angebote einholen, vergleichen und buchen. „Fantastisch!“, denkt man sich da im ersten Moment: Doch hier kann sich schnell Ernüchterung einstellen.

Denn einerseits macht die Flut an Möglichkeiten die Entscheidung für den nächsten Traumurlaub nicht unbedingt leichter. Und hat man sich schließlich für eines der Angebote auf einer der Plattformen entschieden, hat der Preis einen spürbaren Sprung nach oben gemacht – wie ist das plötzlich passiert?

Der Vorgang nennt sich „Dynamic Pricing“: Hier hat ein Algorithmus seine Routinen im Spiel. Die Preise von Flügen und Pauschalreisen ändern sich deswegen stetig. Sie hängen von ganz unterschiedlichen Faktoren ab:

  • Einerseits ist entscheidend, wann und wohin ich verreisen möchte. Klar: Wenn ich zum Start der Sommerferien mit vielen Gleichgesinnten nach Mallorca fliegen möchte, ist das teurer als eine Buchung außerhalb der Hochsaison. Denn eine höhere Nachfrage treibt den Preis nach oben.
  • Aber auch der Buchungszeitpunkt spielt eine Rolle, also wann ich mich für eine Reise entscheide. Tatsächlich ist es meist günstiger, am Wochenende zu buchen, wenn keine Geschäftsreisen verarbeitet werden und die Nachfrage insgesamt niedriger ist. Last Minute-Angebote spielen übrigens seit einigen Jahren durch die Rundum-Verfügbarkeit im Netz und Echtzeit-Datenbanken, mit denen die Anbieter die Kapazitäten zu jedem Zeitpunkt genau anpassen können, kaum eine Rolle mehr.
  • Wie auch beim Online-Shopping wird eine Website ein genaues Auge darauf haben, wie oft und wie lange ich mir ein bestimmtes Angebot schon einmal angesehen habe. Diese Daten sammelt ein Anbieter über sogenannte Cookies, die beim ersten Besuch der Website oder innerhalb der App gesetzt werden. Diese Cookies, kleine Dateien, speichern den Verlauf innerhalb der Website und die weiteren Verhaltensdaten des Nutzers (etwa die Zeit, die sich jemand ein Angebot ansieht). Der Cookie schickt immer wieder neue Daten an den Betreiber der Website, mit denen er dann seine Algorithmen füttert. Sie vergleichen mit anderen Datensätzen und ziehen daraus Rückschlüsse.
  • Auch ist für die Preisfindung wichtig, von welchem Gerät (und gegebenenfalls von welchem Anschluss) aus Sie die Angebote ansteuern. Nutzen Sie ein teures Mobilgerät oder einen älteren Heim-PC? Auch diese Daten können möglicherweise in die Berechnung des Algorithmus mit einfließen.

So kommt es zu merkwürdigen Szenen insbesondere im Flugzeug. Manche offenherzigen Gespräche zwischen Passagieren führen zur schmerzhaften Erkenntnis, dass die Preise von zwei nebeneinanderliegenden Sitzen um den Faktor drei schwanken können – und dass das keineswegs nur mit einer frühen Buchung zu tun hat.

Tatsächlich hängen die Preise, die Sie zu Gesicht bekommen, von zwei Faktoren ab: Einerseits vom Verhalten der anderen Nutzer, also wie viele Menschen schon gebucht haben – und andererseits Ihrem eigenen Verhalten. Alle diese unterschiedlichen Daten fließen in die Berechnung durch den Algorithmus ein. Das macht es auch so schwer, die Entstehung der Preise von Reisen nachzuvollziehen.

Dr. Jessica Heesen, die am Ethikzentrum der Universität Tübingen Algorithmen erforscht, sieht die Preisbewegungen mit Interesse. Und sie warnt davor, sie zu verteufeln: „Das sind letztendlich Anpassungen an die individuelle Zahlungsbereitschaft – und das ist nicht immer nur schlecht.“ Auf diese Weise bekämen alle Menschen entsprechend ihrer Möglichkeiten Zugang zu den Reise-Angeboten. Allerdings werden personalisierte Preise nicht flächendeckend eingesetzt.

So mache ich mich #unberechenbar beim Reisen

Weil die Faktoren, die bei der Preisberechnung durch den Algorithmus einfließen, bei Reise-Angeboten so zahlreich sind, ist es auch komplizierter, sich als Nutzer dagegen zu wehren. Mit folgenden Verhaltensweisen lässt sich trotzdem der eine oder andere Euro sparen:

1. Gegen den Trend buchen

Schauen Sie sich das Verhalten Ihrer Nachbarn, Kollegen, Freunde und Familie an – und entscheiden Sie sich bewusst gegen Reisetrends. Buchen Sie mindestens sechs Wochen vorher, erledigen Sie Buchungen am Wochenende und buchen Sie „gegen den Strom“ der Hauptreise-Richtungen (also etwa im Sommer Richtung Norden) – oder um ein paar Tage versetzt.

2. Preisvergleichsportale kritisch nutzen

Vergleichsportale im Internet bieten ihre Leistungen in der Regel kostenlos an, verdienen jedoch Geld über Vermittlungsprovisionen. Es ist immer ratsam, mehrere Vergleichsportale zu nutzen und deren Ergebnisse zu vergleichen. Zu beachten sind die Voreinstellungen, die nicht für jede Situation geeignet sind. Vergleichsportale decken oft auch nicht alle wichtigen Anbieter in einem Markt ab. Die Suchergebnisse können in irreführender Art und Weise sortiert sein und mit Hinweisen auf begrenzte Kapazitäten können Verbraucher unter Druck gesetzt werden, möglichst schnell zu buchen. So können z.B. nicht die günstigsten oder die am besten bewerteten Hotels oben in den Suchergebnissen stehen, sondern die, die dem Portal die höchsten Provisionen zahlen. Es ist daher ratsam, auch direkt die Angebote der in Frage kommenden Hotels zu prüfen oder bei Reisebüros vor Ort nachzufragen. Achten Sie bei Prüfzeichen generell darauf, was geprüft wurde. Beispielsweise sagt ein Test des Kundenservice eines Reiseportals nichts über die Qualität und das Preis/Leistungsverhältnis angebotenen Reisen aus.

3. Geräte nutzen, die wenig oder nichts über mich verraten

Werfen Sie einen Blick auf das Gerät, mit dem Sie die Suche und die Buchung vornehmen – und wechseln Sie es gegebenenfalls. Denn die Betreiber von Websites können sehen, welchen Browser und welches Endgerät Sie nutzen und möglicherweise daraus Schlüsse ziehen. Setzen Sie im Zweifelsfall also lieber auf den alten Laptop oder Heim-PC. Zudem kann die Funktion „Anonymes Surfen“ helfen – damit werden zumindest Cookies vermieden, die ihr Verhalten aufzeichnen.

Und das geht so: Sie öffnen ein privates Browserfenster (Firefox, Safari) durch Klick auf „Datei“ und „Neues Privates Fenster“ oder nutzen Sie den „Inkognito-Modus“ (Chrome): Klick auf „Datei“ und „Neues Inkognitofenster“. Auf dem Smartphone funktioniert das ebenso einfach: Android-Nutzer tippen im Chrome-Browser auf die drei Punkte neben der Adresszeile und wählen „Neuer Inkognito-Tab“. iPhone-Nutzer tippen zunächst auf die zwei ineinander verschachtelten Vierecke am unteren Bildschirmrand und wählen dann „Privat“.

4. Mich im Netz anonymisieren

Wollen Sie sich waschecht verschleiern und so anonym wie möglich im Netz unterwegs sein, nutzen Sie Netzwerke wie „Tor“.   Damit verschleiern Sie wirklich alle Informationen über sich, Ihren Anschluss, Ihren Standort und Ihr Gerät, inklusive Ihrer IP-Adresse. Sie tauchen als ein beliebiges, voreingestelltes Gerät irgendwo auf der Welt auf.

Das funktioniert folgendermaßen: Ihr Internet-Browser verbindet sich nicht direkt mit der Zielwebsite, sondern springt über mehrere zufällig gewählte Knoten, bis nicht mehr ersichtlich ist, wer die Anfrage an die Zielwebsite gestellt hat. Zudem werden manche Funktionen geblockt; dadurch verlieren manche Webseiten ihr übliches Aussehen. Das Verfahren birgt auch Risiken: Ihre Daten könnten theoretisch an den sogenannten Endpunkten mitgelesen werden. Deswegen achten Sie stets darauf, dass die Verbindungen allesamt verschlüsselt sind – besonders dann, wenn Sie Ihre persönlichen Informationen eingeben. Das erkennen Sie am Symbol links oben direkt neben der Adresszeile: Dort sollte kleines Schloss zu sehen sein.

Der Aufwand für die Nutzung einer sicheren Tor-Verbindung ist unwesentlich höher als die mit einem Standard-Browser und kann sich punktuell bei solch großen Buchungen wie einer Pauschalreise lohnen. Eine ausführliche Anleitung finden Sie unter dem Link am Ende dieser Seite.

Das sagen die Experten

PD Dr. Jessica Heesen zum Thema Urlaub und Reisen