Das frühere Jagdrecht war in den vergangenen Jahrzehnten nur unzureichend an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst worden. Neue Erkenntnisse der Wildtierökologie und zum Umgang mit wild lebenden Tieren erforderten eine Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen. Tier- und Naturschutz sind inzwischen Staatsziele mit Verfassungsrang. Geänderten gesellschaftlichen Bewertungen müssen die gesetzlichen Regelungen ebenso Rechnung tragen wie den Veränderungen, die sich in unseren heimischen Naturräumen vollzogen haben.
Daher sah der Koalitionsvertrag der grün-roten Landesregierung vor, das Landesjagdgesetz zu novellieren.
Die Jagd steht im Spannungsfeld vielfältiger und häufig gegenläufiger Interessen und Überzeugungen. Neben den Interessen der Jägerinnen und Jäger betrifft die Jagd insbesondere die Belange des Naturschutzes, des Tierschutzes, der Land- und Forstwirtschaft, des Grundeigentums, der Jagdgenossenschaften und der Kommunen. Die betroffenen Interessengruppen und Verbände wurden in die Vorbereitung und Überarbeitung des Gesetzesentwurfs umfassend einbezogen. In Teilbereichen wurde ein über die Verbandspositionen hinausgehender Konsens erarbeitet. Zu kontrovers diskutierten Regelungen wurden Lösungen ausgearbeitet, die einen Ausgleich zwischen den Forderungen der Interessengruppen darstellen.
Das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz hat die jagdrechtlichen Regelungen den Verhältnissen in der Natur und den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst. Belange des Tier- und Naturschutzes werden jetzt bei der Jagd stärker berücksichtigt und Erkenntnisse der wildtierökologischen Forschung finden in den jagdgesetzlichen Bestimmungen Niederschlag.
Der Beitrag der Jägerschaft für die Hege, den Schutz seltener Wildtiere und die Abwehr von Schäden wurde gestärkt.
Das Gesetz fördert den Dialog zwischen den von der Jagd betroffenen Personen und Interessengruppen. Auf diesem Weg können gemeinsame Erfolge zum Schutz von Wildtieren erzielt werden.
Für die Anwender jagdgesetzlicher Bestimmungen ist die Arbeit mit den Gesetzestexten jetzt einfacher möglich, da die bisherigen Vorschriften des Bundesrechts und des Landesrechts in einem Gesetz und einer Durchführungsverordnung enthalten sind.
Managementstufen für Tierarten
Als erstes Jagdgesetz bundesweit ordnet das Jagd- und Wildtiermanagementgesetz die dem Jagdrecht unterstellten Tierarten sogenannten Managementgruppen zu. Damit wird dem Nachhaltigkeitsgedanken in besonderem Maße Rechnung getragen. Je nachdem, ob eine Art dem Nutzungs-, Entwicklungs- oder Schutzmanagement zugeordnet ist, finden besondere Bestimmungen Anwendung. Das trägt natur- und artenschutzrechtlichen Bestimmungen umfassend Rechnung. Die nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützten Arten dürfen nicht gejagt werden und unterstehen unabhängig von ihrer Erwähnung im Jagdrecht der Zuständigkeit der Naturschutzbehörden.
Wildtiermanagement
Mit den Managementstufen geht die Einführung von Elementen eines Wildtiermanagements als Ergänzung des Jagdrechts einher. Wesentliche Elemente dieses Wildtiermanagements sind das Wildtiermonitoring und der darauf aufbauende landesweite Wildtierbericht, die gesetzliche Verankerung des Generalwildwegeplans für Baden-Württemberg und die Zuweisung von bestimmten Aufgaben im Zusammenhang mit dem Wildtiermanagement an die Verwaltungsbehörden.
Fütterung von Schalenwild
Da die Fütterung von Schalenwild einen erheblichen Eingriff in ein Ökosystem darstellt, der nach Erkenntnissen aus der Wildforschung mit einem hohen Risiko für die Tiere, die land- und forstwirtschaftlichen Flächen und auch die Biodiversität verbunden ist, soll diese nur noch in Ausnahmefällen zulässig sein. Die heimischen Schalenwildarten haben sich im Zuge der Evolution an die hiesigen Lebensraumbedingungen angepasst und brauchen keine Fütterung. Unsere gegenwärtige Kulturlandschaft bietet den meisten Wildtieren sogar deutlich mehr Nahrung als ursprünglich vorhanden war. Als positiver Nebeneffekt des Verbots der Schalenwildfütterung ist zu erwähnen, dass der Charakter des Wildbrets als ein natürliches Lebensmittel gestärkt wird.
Verbraucherschutz
Aus Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes ist künftig die Verwendung von Munition, die gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe wie beispielsweise Blei enthält, bei der Jagd auf Schalenwild verboten. Mit dieser Bestimmung wird eine hohe Qualität des heimischen Wildbrets gewährleistet.
Jagdruhezeit
Dem Ruhebedürfnis der Wildtiere im ausgehenden Winter bzw. vor dem Setzen der Jungtiere wird mit der Einführung einer allgemeinen Schonzeit vom 1. März bis 30. April Rechnung getragen. Allerdings ist um Wildschäden abwenden zu können, von dieser Regelung das Schwarzwild ausgenommen. Schwarzwild kann in der offenen Landschaft und im Bereich eines 200 Meter breiten Waldrandstreifens in diesem Zeitraum bejagt werden.
Haustierabschuss
Der Abschuss von Haustieren durch die Jagdausübungsberechtigten ist künftig grundsätzlich untersagt, in Ausnahmefällen muss eine Genehmigung der zuständigen Behörde eingeholt werden. Von streunenden oder verwilderten Hauskatzen gehen allenfalls minimale Eingriffe in die Rechte der Jagdausübungsberechtigten aus. Tierschutzaspekte und der Wert des Tieres für seine Besitzerinnen oder seine Besitzer sind in der Gesamtabwägung höher zu bewerten als der Eingriff in das Jagdausübungsrecht. Mit der Kastration von Katzen bietet sich auch eine Alternative zur Verhinderung einer unkontrollierten Vermehrung herrenloser Katzen.
Im Fall von wildernden Hunden sind das Wild bzw. die Rechte der jagdausübungsberechtigten Personen auf anderem Wege geschützt. Bei Vorsatz oder billigender Inkaufnahme durch den Hundehalter wird der Straftatbestand der Wilderei erfüllt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Ortspolizeibehörde den Abschuss eines wildernden Hundes durch Jäger künftig noch genehmigen.
Jagd mit Totfangfallen
Aus Gründen des Tierschutzes sind künftig die Fangjagd mit Totfangfallen und die Jagd auf den Fuchs in Naturbauten verboten.
Wildschadensrecht
Die Bestimmungen zum Ausgleich von Wildschäden wurden überarbeitet und konkretisiert. Der Wildschaden auf grünlandartig bewirtschafteten Streuobstwiesen ist künftig schadensersatzpflichtig. Schäden in Maisschlägen sind nur zu 80 Prozent schadensersatzpflichtig, es sei denn die geschädigte Person weist nach, dass sie die üblichen und allgemein zumutbaren Maßnahmen zur Abwehr von Wildschäden unternommen hat. Zur Entbürokratisierung wurde das bisherige amtliche Vorverfahren zur Geltendmachung von Wildschadensersatzansprüchen nicht in das neue Gesetz übernommen.