Bioökonomie

Ideenwettbewerb Bioökonomie: Preisträger 2021

Ideenwettbewerb „Bioökonomie– Innovationen für den Ländlichen Raum“ 2021

Fünf gleichberechtigte Gewinnerinnen und Gewinner des Innovationspreises Bioökonomie Baden-Württemberg 2021 wurden auf dem 6. Bioökonomietag ausgezeichnet. Das Publikum wählte ihren Favoriten zum Publikumspreisträger.

Am 18. November 2021 zeichnete Herr Minister Hauk MdL die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger des Ideenwettbewerbs „Bioökonomie 2021 – Innovation für den Ländlichen Raum“ aus. Die mit jeweils 10.000 Euro Preisgeld dotierten Auszeichnungen werden für innovative Ansätze entlang der Agrar-, Lebensmittel- und Forst- und Holzwertschöpfungskette vergeben. Aus den in diesem Jahr eingegangenen Bewerbungen wurden von einer Expertenjury fünf Gewinnerinnen und Gewinner ausgewählt, die wir Ihnen auf dieser Webseite vorstellen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 6. Bioökonomietages des MLR hatten die Gelegenheit die Preisträgerinnen und Preisträger und ihre innovativen bioökonomischen Ansätze im Rahmen von Kurzvorträgen kennenzulernen. Sie wählten zudem die Saccha GbR zum Publikumspreisträger.

Die Gewinner des Innovationspreises Bioökonomie Baden-Württemberg 2021 sind:

ProteinDistillery GmbH (ehemals: SACCHA)

Nachhaltige und gesunde Lebensmittelversorgung neu denken

Motivation

Eine der großen Herausforderungen unserer Zeit besteht darin, die wachsende Bevölkerung zu ernähren und gleichzeitig unseren Planeten zu erhalten. Daher sind effiziente Prozesse und Verfahren gefragt. Gleichzeitig wünschen sich Verbraucherinnen und Verbraucher gesunde, schmackhafte und bezahlbare Lebensmittel. Proteine hergestellt aus Bierhefe zeichnen sich durch ausgezeichnete funktionelle Eigenschaften wie die gute Umsetzung in Muskelmasse, die hervorragende Texturbildung, ein ansprechendes Geschmacksprofil sowie Allergenfreiheit aus. Daher sind sie ein vielversprechender Baustein für zukünftige Ernährungskonzepte.

Lösungsansatz

Die ProteinDistillery GmbH hat einen Prozess entwickelt, mit dem aus Nebenströmen der Bierproduktion Proteine für die Nahrungsmittelindustrie hergestellt werden können. Nach Angaben des Unternehmens wird im Vergleich zur Herstellung von pflanzlichen Proteinen weniger Wasser und weniger Fläche benötigt. Auch der CO2 Ausstoß ist vergleichsweise geringer. Hochrechnungen der ProteinDistillery kommen zu dem Schluss, dass der jährliche Eiweißbedarf von mehr als 6,2 Mio. Menschen alleine mit Proteinen aus Bierhefe aus deutscher Produktion gedeckt werden könnte. Durch dieses Koppelnutzungskonzept bietet sich die Chance, den Flächenbedarf für die Proteinherstellung zu reduzieren.

Ein Teil des weiteren Entwicklungsbedarfs erstreckt sich auf die Skalierung des Prozesses in den Pilotmaßstab sowie die Optimierung der Aufbereitung. Zudem werden Anwendungsmöglichkeiten bzw. Endprodukte unter Verwendung des Bierhefeproteins entwickelt. Es wird erwartet, dass die Rohstoffkosten für die Herstellung von Proteinen aus Bierhefe in Zukunft deutlich unter den heutigen Rohstoffkosten für vergleichbare pflanzliche Proteine, beispielsweise aus Nüssen, bleiben.

Webseite der ProteinDistillery

ProteinDistillery

Spoontainable GmbH

Eine knusprige und nachhaltige Zukunft

Motivation

Löffel, Rührstäbchen, Gabeln, Messer: im To-Go Bereich werden diese Produkte täglich in riesigen Stückzahlen genutzt und in der Regel nach nur einmaligem Gebrauch entsorgt. Hierdurch entsteht eine enorme Menge vermeidbarer Plastikmüll. Das EU-weite Einweg-Plastikverbot zeigt, dass hier ein drastisches Umdenken und zeitgemäße Alternativen notwendig sind.

Lösungsansatz

„Don't waste it, taste it!“ - unter diesem Motto will Spoontainable einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und der Vermeidung von Plastik liefern. Das Unternehmen entwickelt essbare Eislöffel und Rührstäbchen als Alternativen zu herkömmlichen Produkten aus Plastik. Die neuartigen Produkte werden aus bislang wenig genutzten Reststoffströmen der Lebensmittelindustrie hergestellt. Es handelt sich dabei um Hafer- und Kakaoschalen, die bei der Getreide- bzw. der Schokoladenverarbeitung zurückbleiben. Diese ballaststoffreichen Rohstoffe werden zu Fasern verarbeitet und bilden die Basis der Alternativen zum Plastik-Besteck. Somit wird nicht nur Einweg-Plastik vermieden, sondern auch die hochwertige Nutzung von Reststoffen im Sinne der Kreislaufwirtschaft gefördert. Die Produktpalette soll noch erweitert werden und weitere Reststoffströme aus der Lebensmittelindustrie sollen identifiziert und genutzt werden, um die Rohstoffbasis zu erweitern.

Webseite: www.spoontainable.com

Alpha-Protein GmbH

Bioökonomische Produktionsanlage zur Insektenaufzucht

Motivation

Die Nutzung von Insekten als nachhaltige Proteinquelle für die Versorgung einer stetig wachsenden Weltbevölkerung wird nach Meinung von Experten ein Teil der Lösung sein, um in Zukunft mehr Lebensmittel mit einem geringeren Ressourcenverbrauch bereit stellen zu können. Effiziente Verfahren zur Aufzucht und Verwertung von Insekten in der Lebensmittel- als auch Tierfutterindustrie stehen jedoch noch am Anfang. Vergleichbare konventionelle Futtermittel sind außerdem derzeit noch deutlich günstiger am Markt verfügbar.

Lösungsansatz

Das Start-Up Alpha-Protein GmbH hat ein Konzept für eine automatisierte, skalierbare und damit kosteneffiziente industrielle Aufzuchtsanlage für Mehlkäfer (Tenebrio molitor) entwickelt. Das Ziel ist es, Insekten als nachhaltige Alternative zu Fischmehl und Soja in großen Mengen sowie zu einem wettbewerbsfähigen Preis am Markt verfügbar zu machen. Die hochgradige Automatisierung der Anlagen sowie die Verwendung von Nebenprodukten aus der Lebensmittelindustrie sollen dies ermöglichen. Kernbestandteil des innovativen Geschäftsmodells von Alpha-Protein ist das patentierte Versorgungsportal, mit dem die automatische Versorgung der Insekten realisiert wird. Darin wird u. a. die Fütterung der Insekten auf einer mit Aufzuchtkisten gestapelten Palette ermöglicht, ohne diese abzustapeln. Sie erlaubt es somit, bestehende Technologien auf dem Markt zu nutzen. Der nächste große Meilenstein in der Entwicklung von Alpha-Protein ist der Aufbau der ersten kommerziellen Produktionsanlage.

Webseite: https://www.alpha-protein.de/

Bernd Schairer UG & Lebenshilfe Zollernalb

Guter Holzweg: Sprossenschützer – für den Wald

Motivation

Durch den Klimawandel und den damit verbundenen Waldumbau haben Schutzvorrichtungen für junge Waldbäume eine hohe Bedeutung. Der Eintrag von Fremdmaterialien in Waldökosysteme soll dabei möglichst vermieden werden. Konventionelle Schutzvorrichtungen für Jungpflanzen haben daher den Nachteil, dass diese am Ende der Nutzungsdauer wieder eingesammelt und sachgerecht entsorgt werden müssen.

Lösungsansatz

Bernd Schairer hat patentierte „Schutzvorrichtungen“ für junge Forstpflanzen entwickelt, die zu 100% aus heimischem Holz hergestellt werden. Durch den Verzicht auf Metall, Chemie und Kunststoffe entfallen der aufwändige Abbau und die Entsorgung der Materialien. Das Produkt bietet mit seinen Holzstäben und –sprossen einen wirksamen Fege- und Verbissschutz für die Jungpflanzen. Die Fertigung der Sprossenschützer erfolgt vollständig regional in Werkstätten für Menschen mit Behinderung der Lebenshilfe Zollernalb. So wird mithilfe dieser Innovation der Aufbau von naturnahen und stabilen Waldbeständen unterstützt, Fremdstoffeinträge in natürliche Ökosysteme reduziert und regionale Wertschöpfung generiert. Die Sprossenschützer werden zunehmend nachgefragt, sodass in Zukunft nach weiteren regionalen Kooperations- und Fertigungspartnern Ausschau gehalten wird.

Webseiten: www.lebenshilfe-zollernalb.de, www.sprossenschuetzer.de

ANSMANN AG

Naturfaserverstärkte biobasierte Kunststoffe für Li-Ionen-Batterie-Gehäuse in der Großserienproduktion

Motivation

Aktuell werden neue Akku-Gehäuse auf Grund geänderter Normen vorwiegend aus Metall gefertigt. Mobile Anwendungen, wie beispielsweise E-Bikes oder E-Autos, profitieren in besonderer Weise von einer Gewichtsreduktion durch den Einsatz alternativer Materialien. Bislang werden primär fossilbasierte Carbonfasern als Leichtbaumaterialien genutzt. Als Alternativen kommen naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK) in Frage. Durch ihre geringe Dichte, gute mechanische Eigenschaften, geringe Neigung zum Splittern sowie dieer vergleichsweise geringen Kosten können diese NFK fossilbasierte Materialien, wie Kohle- oder Glasfaser, ersetzen.

Lösungsansatz

Die ANSMANN AG hat, gemeinsam mit Fraunhofer LBF, Batteriesysteme auf Basis naturfaserverstärkter und biobasierter Kunststoffe entwickelt. Unter Einsatz biogener Rohstoffe werden neue biobasierte Verbundwerkstoffe für zahlreiche Anwendungen hergestellt. Die benötigten Faserverbundwerkstoffe (Organobleche) und Formteile durchlaufen einen vollautomatisierten Herstellungsprozess. Somit wird der zentrale Leitgedanke einer effizienten und umweltschonenden Ressourcennutzung unter Vermeidung von Treibhausgasen adressiert. Im nächsten Schritt wird das Herstellungsverfahren weiterentwickelt und hinsichtlich einer Großserienproduktion hochskaliert.

Webseite: www.ansmann.de

Die Auszeichnung

Neben dem Preisgeld und einer Urkunde erhielten die Preisträgerinnen und Preisträger eine von der Hochschule der Medien (HdM) gefertigte Auszeichnung.

Die Hochschule der Medien Stuttgart beschreibt die Auszeichnung folgendermaßen:

"Beständig am Bioökonomiepreis des Landes Baden-Württemberg ist der Rahmen aus unbehandeltem Eschenholz sowie das integrierte Passepartout. Der Rahmen kann sowohl an der Wand aufgehängt, als auch als freistehende Skulptur eingesetzt werden und besitzt sowohl Vorder- als auch Rückseite.

Mit dem zeitaktuellen Wandel der thematischen Auseinandersetzung im Bereich der Bioökonomie ändern sich auch jährlich die Motive des Bioökonomiepreises und präsentieren in deren Gesamtschau die Vielschichtigkeit und Diversität des gesamten Themengebietes.

Das Motiv für den Bioökonomiepreis 2021 fokussiert die technologische und ästhetische Qualität von Naturfasern (in vorliegendem Fall aus Papier der schnellwachsenden Pflanzenfasern der Silphie-Pflanze unter Beimischung von Flachs - auf der durch das MLR finanzierten Vliesanlage der HdM hergestellt). Im Mittelpunkt steht daher die Materialästhetik natürlicher Faserstrukturen, die in Form gerissener Kantenstrukturen individuell variierender Papierstreifen in geometrischer Blockform in Szene gesetzt sind. Die technologischen Gewirkestrukturen der Naturfasern erhalten dadurch emotional ästhetische Qualitäten und strahlen trotz deren Fragmentierung eine natürliche Wärme und Ganzheit aus.“

Hintergrund

Das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg hat 2021 den Ideenwettbewerb Bioökonomie – Innovationen für den Ländlichen Raum ausgeschrieben. Im diesjährigen Ideenwettbewerb wurden Akteure ausgezeichnet, die herausragende marktfähige bioökonomische Innovationen entlang der Agrar-, Lebensmittel- sowie der Forst- und Holzwertschöpfungsketten entwickelt haben.

Im Sinne der Ziele der Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg wurden Innovationen gesucht, die einen nachvollziehbaren Beitrag zu wichtigen Nachhaltigkeitszielen, wie Klimaschutz, Ressourceneffizienz, Schutz der Umwelt und der Biodiversität sowie zur Entwicklung des Ländlichen Raums liefern. Dabei konnte die Entwicklung eines innovativen Produktes oder Prozesses ebenso ausgezeichnet werden wie eine innovative Dienstleistung oder ein neues Geschäftsmodell. Mit der bereits im Jahr 2019 beschlossenen ressortübergreifenden Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg wird angestrebt, Baden-Württemberg zu einer Leitregion für biobasiertes, kreislauforientiertes Wirtschaften zu entwickeln. Der Ideenwettbewerb Bioökonomie ist eine der Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele.

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