Ob Fachkräftemangel, demographischer Wandel oder Vereinsnachwuchs: Junge Menschen sind eine entscheidende Gruppe für die Zukunft ländlicher Räume. Sie zeigen zudem großen Ideenreichtum und Tatkraft bei der Mitgestaltung ihres Lebensumfelds vor Ort – wenn man sie lässt, denn zu oft finden Jugend und Politik noch nicht zueinander. Die Studien und Projekte des MLR zielen daher darauf ab, junge Menschen besser zu verstehen und ihre Stimme vor Ort zu stärken.
Veranstaltungsreihen
Seit 2022 organisiert die Akademie Ländlicher Raum (ALR) jährlich eine Online-Veranstaltungsreihe zu verschiedenen Jugendthemen. Die kostenlosen Online-Termine zeigen Best Practice Beispiele, beleuchten aktuelle Studien und bieten Raum für Austausch und Vernetzung.
Studien und Befragungen
Was bewegt Jugendliche im Ländlichen Raum Baden-Württembergs und wo sehen sie ihre Zukunft? Zu diesem Thema liegt mit der Studie „Jugend im Ländlichen Raum Baden-Württembergs“ erstmals eine repräsentative Erhebung vor. Sie wurde im Auftrag des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg von der Jugendstiftung Baden-Württemberg in den Jahren 2020 und 2021 erstellt. Kernstück der Studie ist eine umfangreiche Umfrage zur Zufriedenheit der Jugendlichen in ihrer Kommune, die unter 1.409 Schüler/innen im Alter von Zwölf bis 18 Jahren durchgeführt wurde und speziell auf den Ländlichen Raum zugeschnitten ist.
Projektwebseite mit Kernaussagen, Materialien und Veranstaltungen zur Studie www.studie.land
Download Jugendstudie (pdf)
Die Lebensphase junger Erwachsener zwischen 18 und 25 ist wie keine andere von Wohnortwechseln geprägt. Der Auszug aus dem Elternhaus, Bildungsphase und Berufssuche schlagen sich in einer hohen Mobilität nieder. Nach dem 18. und bis etwa zum 25. Lebensjahr steigt auch die Abwanderungsquote aus ländlichen Regionen. Was motiviert junge Erwachsene bei diesen Wohnentscheidungen? Wann oder unter welchen Umständen kommen sie zurück? Was sind Erfahrungen und Vorstellungen zum Leben in ländlichen und in urbanen Räumen? Dies wird im aktuellen Forschungsprojekt „Wo will ich leben? Wohnentscheidungsprozesse junger Erwachsener verstehen“ (02/2023-12/2024) durch ein Team des Instituts für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart genauer untersucht. Ziel ist es, ein differenziertes Bild vom Zusammenspiel individueller Faktoren sowie infrastruktureller Faktoren zu schaffen.
Das ehrenamtliche Engagement ist eine wichtige Säule für die hohe Lebensqualität und Verbundenheit der Menschen im Ländlichen Raum. Durch den Wegzug junger Erwachsener zu Studienzwecken ergibt sich jedoch ein Nachwuchsproblem in den Vereinen.
Für die Studie „Jung und engagiert im Ländlichen Raum“ wurden im Sommer 2023 1.100 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe zu ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit und ihren Zukunftsperspektiven befragt.
Projektwebseite mit Kernaussagen und Veranstaltungen zur Studie
Modellprojekte zur Jugendbeteiligung
Die Studie „Jugend im Ländlichen Raum Baden-Württembergs“ zeigte, dass sich Jugendliche im Ländlichen Raum mehrheitlich wohlfühlen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass Jugendliche mitdiskutieren und mitgestalten wollen. Der von der Jugendstiftung Baden-Württemberg entwickelte Aktionsbaukasten bietet hierfür Materialien und Formate als niedrigschwelligen Einstieg in die kommunale Jugendbeteiligung.
Die Workshops eignen sich besonders gut für kleine Kommunen im Ländlichen Raum, die bislang wenig Erfahrungen im Bereich der Jugendbeteiligung haben. Der Baukasten kann Gespräche anstoßen und Mitgestaltungsräume zu eröffnen. Gebucht werden können die Workshops von allen interessierten Einrichtungen in ländlich geprägten Orten, zum Beispiel von der Kommune, von Jugendverbänden, Schulen, Vereinen oder kirchlichen Einrichtungen.
Im Rahmen eines regionalen Agenda 21-Projekts in Oberösterreich wurde festgestellt, dass mangelnder attraktiver und bezahlbarer Wohnraum einer der wesentlichen Gründe ist, warum junge Erwachsene nicht im Ländlichen Raum bleiben bzw. nach Ausbildung oder Studium nicht wieder in die ländlichen Gemeinden zurückkommen. Im Jahr 2021 förderte das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz daher ein Projekt von SPES e.V., Sutter3 sowie dem K-Punkt Ländliche Entwicklung in Baden-Württemberg, das analog zum Konzept aus Oberösterreich und unter Einbeziehung des dort gesammelten Expertenwissens durchgeführt wurde.
Die sechs beteiligten Modellgemeinden durchliefen einen begleiteten Planungsprozess, bei dem vor Ort geeignete Leerstände identifiziert, mögliche Finanzierungsmodelle vorgestellt und passgenau der Bedarf für Junges Wohnen ermittelt wurde. Am Ende lagen in den Modellkommunen konkrete und umsetzbare Konzepte für Junges Wohnen vor. Die dabei entwickelten Musterprozesse sind auch auf weitere Kommunen übertragbar und stehen auf der Projektwebsite zur Verfügung.
Der Aufbau der Website sowie weitere Kommunikationsmaßnahmen rund um das Junge Wohnen wurden vom MLR in den Jahren 2022 bis 2024 ebenfalls finanziell unterstützt.
Viele Kommunen haben bereits auf kommunaler Ebene einen Jugendgemeinderat, in dem sich Jugendliche einbringen und Demokratie erleben können. Allerdings fällt es gerade in kleinen Kommunen oft schwer, diese Jugendparlamente zu gründen und aufrecht zu erhalten. Die Landkreisebene könnte hier einen Bündelungseffekt erzielen und Jugendparlamente auch in regional größeren Zusammenschlüssen ermöglichen. Im Rahmen des Projekts „Beteiligung wo wir zu Hause sind“ unterstützt der Dachverband der Jugendgemeinderäte Baden-Württemberg e.V. daher die Gründung des neuen Jugendkreisrats im Landkreis Konstanz.
Modellprojekte im Bereich Bildung
Im Rahmen eines Seminarkurses zum Thema ‚Stärkung des Ländlichen Raumes‘ wird nicht nur die Schulform der Agrarwissenschaftlichen Gymnasien besonders gestärkt, sondern auch der Ländliche Raum als Themenkomplex im Unterricht verankert. Die Schülerinnen und Schüler an den Agrarwissenschaftlichen Gymnasien werden durch den Seminarkurs motiviert, sich intensiv mit den verschiedensten Themengebieten des Ländlichen Raumes zu beschäftigen. Über ein jährlich stattfindendes Fachforum der Agrarwissenschaftlichen Gymnasien haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit sich zu vernetzen und zu den Seminarkursthemen auszutauschen.
Pressemitteilung zum Tag der Agrarwissenschaftlichen Gymnasien 2022
Durch das Projekt soll eine Verankerung der landwirtschaftlichen Bildung im Spektrum des Bildungsangebots Pädagogischer Hochschulen in Baden-Württemberg erprobt werden. Lehramtsstudierenden wird hierbei die Möglichkeit geboten, landwirtschaftliche Themenfelder in Theorie und Praxis kennenzulernen. Die von ihnen im Rahmen des Projekts erworbenen Kompetenzen, Kenntnisse und Erfahrungen bringen sie in ihrer zukünftigen Arbeit als Lehrkräfte ein. So haben Schülerinnen und Schüler nicht nur am außerschulischen Lernort Bauernhof, sondern das ganze Schuljahr über in ihrer Lehrkraft eine kompetente Ansprechperson zu den Themenbereichen Landwirtschaft, Lebensmittelerzeugung und -verarbeitung, sowie Ernährung. Darüber hinaus wird ein realistisches Bild der heutigen landwirtschaftlichen Betriebe, ihrer vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen und der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für die gemeinsame Gestaltung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft über die Schülerinnen und Schülern in die Familien transportiert.