Wir möchten, dass unsere Jugendlichen und jungen Erwachsenen gerne im Ländlichen Raum leben und sich dort wohl fühlen. Im Rahmen von Studien und Modellprojekten beschäftigen wir uns daher vertieft mit den Wünschen, Bedürfnissen und der Lebenswirklichkeit dieser Zielgruppe.
Aufwachsen – Mitgestalten – Leben: Die Studie „Jugend im Ländlichen Raum“
Was bewegt Jugendliche im Ländlichen Raum Baden-Württembergs und wo sehen sie ihre Zukunft? Zu diesem Thema liegt mit der Studie „Jugend im Ländlichen Raum Baden-Württembergs“ erstmals eine repräsentative Erhebung vor. Sie wurde im Auftrag des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg von der Jugendstiftung Baden-Württemberg in den Jahren 2020 und 2021 erstellt.
Kernstück der Studie ist eine umfangreiche Umfrage, die unter 1.409 Schüler/innen im Alter von Zwölf bis 18 Jahren durchgeführt wurde. Sie beschäftigt sich mit der Zufriedenheit der Jugendlichen in ihrer Kommune, mit ihrer Bleibebereitschaft und ihren Zukunftsvorstellungen und ist speziell auf den Ländlichen Raum zugeschnitten.
Zusätzlich wurden Umfragedaten aus dem Jahr 2020 neu ausgewertet, um Aussagen von Jugendlichen zwischen Stadt und Land zu verschiedenen Themen ihrer Lebenswirklichkeit wie etwa Freundschaft, Schule, Werte oder Engagement zu vergleichen.
Die Daten werden durch zwei wissenschaftliche Kommentare eingeordnet und durch Interviews und Statements junger Menschen flankiert.
Im Ergebnis zeigten sich viele Gemeinsamkeiten auf dem Land und in der Stadt: Freunde, die Verfügbarkeit von digitalen Möglichkeiten und Mobilitätsangebote spielen für Jugendliche unabhängig vom Wohnort eine zentrale Rolle.
Dennoch gibt es auch Unterschiede und ein spezifisch ländliches Lebensgefühl. Die Jugend auf dem Land ist engagierter, politisch interessierter und naturverbundener. Außerdem zeigt sie sich zielstrebig in ihren Berufsvorstellungen und strebt häufiger eine Berufsausbildung an.
Eine gute Nachricht ist, dass sich die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen (91 %) an ihrem aktuellen Ort wohl fühlt. Dennoch wünschen sich Jugendliche in Stadt und Land übereinstimmend mehr Treffpunkte und Freizeitmöglichkeiten. Nach ihren späteren Wohnortwünschen befragt, zeigen sich Jugendliche sehr aufgeschlossen für ein Leben im Dorf. Für 40 Prozent der Befragten ist dies vorstellbar. Allerdings ist der Ländliche Raum nicht für alle Jugendlichen gleichermaßen attraktiv. Die Zustimmung zum Dorfleben schwächt sich ab, wenn man nur die Gruppe der Mädchen betrachtet oder die Jugendlichen mit einer Migrationsgeschichte. Hier zeichnen sich Herausforderungen ab.
Die Studie kann kostenlos unter www.studie.land bezogen werden. Auch Materialien für Pädagogen, interaktive Elemente etc. werden hier laufend ergänzt.
Im Gespräch: Veranstaltungen zur Studie „Jugend im Ländlichen Raum“
Zur Diskussion der Studie werden eine Reihe von Veranstaltungen für unterschiedliche Zielgruppen stattfinden. Alle Veranstaltungstermine werden unter www.studie.land veröffentlicht.
- Die Online-Veranstaltungsreihe „Jung im Ländlichen Raum: Wir machen mit!“ stellt die Jugendstudie sowie anschauliche Praxisbeispiele vor.
- Um anhand der Studienergebnisse mit Jugendlichen in den Dialog zu treten, bietet die Jugendstiftung aus einem „Aktionsbaukasten“ Workshops vor Ort an. Gebucht werden können die Workshops von allen interessierten Einrichtungen in ländlich geprägten Orten, zum Beispiel von der Kommune, von Jugendverbänden, Schulen, Vereinen oder kirchlichen Einrichtungen.
Sesshaft werden im Ländlichen Raum: Modellprojekte „Junges Wohnen“
Im Rahmen eines regionalen Agenda 21-Projekts in Oberösterreich wurde festgestellt, dass mangelnder attraktiver und bezahlbarer Wohnraum einer der wesentlichen Gründe ist, warum junge Erwachsene nicht im Ländlichen Raum bleiben bzw. nach Ausbildung oder Studium nicht wieder in die ländlichen Gemeinden zurückkommen. Im Jahr 2021 förderte das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz daher ein Projekt von SPES e.V., Sutter3 sowie dem K-Punkt Ländliche Entwicklung in Baden-Württemberg, das analog zum Konzept aus Oberösterreich und unter Einbeziehung des dort gesammelten Expertenwissens durchgeführt wurde. Die sechs beteiligten Modellgemeinden haben hierbei einen begleiteten Planungsprozess durchlaufen, bei dem vor Ort geeignete Leerstände identifiziert, mögliche Finanzierungsmodelle vorgestellt und passgenau der Bedarf für Junges Wohnen ermittelt wurde. Am Ende des Modellprojektes lagen in den Modellkommunen konkrete und umsetzbare Konzepte für Junges Wohnen vor. Mit der Umsetzung wurde teilweise bereits begonnen.
Aufgrund des großen öffentlichen Interesses am Thema Junges Wohnen und dessen hoher Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Ländlichen Raum unterstützt das Ministerium auch ein im Februar 2022 gestartetes Folgeprojekt zum Jungen Wohnen. Das auf zwei Jahre angesetzte Projekt hat das Ziel, eine umfassende Website zum gesamten Themenfeld Junges Wohnen ins Leben zu rufen sowie den Wissenstransfer durch Exkursionen und Fachtagungen zu vertiefen. Zudem sollen die Modellgemeinden auf dem Weg zur Realisierung der entwickelten Konzepte weiter begleiten werden, um hieraus zusätzliche Erfahrungen und Erkenntnisse zu gewinnen und diese mit der interessierten Öffentlichkeit zu teilen.