Lebensmittel

Befunde bei Hirschhornsalz in Baden-Württemberg

Wie das baden-württembergische Verbraucherministerium am Dienstag (2. Dezember) in Stuttgart mitteilte, wurde in Hirschhornsalz (Ammoniumbicarbonat) aus China Melamin festgestellt. Hirschhornsalz wird als Lebensmittelzusatzstoff für bestimmte Backwaren verwendet.

Nach ersten Meldungen aus Taiwan über Befunde von Melamin in Hirschhornsalz reagierten die Lebensmittelchemiker des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) in Karlsruhe sofort und untersuchten eine erste Serie von sechs Proben Hirschhornsalz, die aufgrund von Standardkontrollen im Labor verfügbar waren. Nach einem ersten positiven Nachweis von Melamin wurden von den Lebensmittelüberwachungsbehörden sofort umfangreiche Untersuchungen veranlasst. Dazu erfolgte eine Probenahme beim Vorlieferanten und aus dem Handel.

Es wurden insgesamt 28 Proben zur Untersuchung entnommen, davon fünf aus Apotheken oder Reformhäusern, vier von Bäckern, 13 aus dem Großhandel und sechs aus dem Lebensmitteleinzelhandel. Bei sieben Proben aus fünf unterschiedlichen Chargen wurden Melamingehalte zwischen 200 und 470 Milligramm pro Kilogramm (mk/kg) und Sulfat-Gehalte zwischen 76 und 240 mg/kg im Ammoniumbicarbonat festgestellt. Dies entspricht nicht den Reinheitsanforderungen nach dem Lebensmittelrecht. Die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden haben deshalb das weitere Verarbeiten und Inverkehrbringen der beanstandeten Ware sofort untersagt. Derzeit werden noch die vollständigen Lieferwege ermittelt. Die belastete Ware stammt aus China. Die Ursache für die Melaminbelastung ist noch unklar.

Keine Gesundheitsgefahr bei sachgerechter Verwendung

Eine Gesundheitsgefahr ist nach aktueller Risikobewertung bei rezepturmäßiger Verwendung von belastetem Hirschhornsalz nicht gegeben. Hirschhornsalz wird vor allem zur Herstellung von Lebkuchen und sogenannten 'Amerikanern' (Gebäck aus Weizenmehl mit Zuckerguss) in Mengen von unter einem Prozent eingesetzt. Dies führt im Enderzeugnis zu Melamingehalten unter 2,5 mg/kg. Dieser Höchstgehalt wurde in der europäischen Einfuhr-Entscheidung und in deren nationaler Umsetzung, der Melamin-Lebensmittel-Futtermittel-Einfuhrverbotsverordnung, festgelegt. Selbst bei Kleinkindern, der empfindlichsten Verbrauchergruppe, wäre ein täglicher Verzehr von einem halben Kilogramm von mit belastetem Hirschhornsalz hergestellter Backwaren nach der gesundheitlichen Bewertung durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch sicher.

Die baden-württembergische Lebensmittelüberwachung ist bereits seit 2007 für das Thema Melamin sensibilisiert und konnte in diesem Fall erneut sehr schnell und umfassend reagieren. Die Kontrolle der globalen Warenströme erfordert eine erhöhte Aufmerksamkeit. "Wir werden zukünftig unsere Überwachungskapazitäten in den Stadt- und Landkreisen und in den Untersuchungsämtern verstärkt zur Kontrolle des globalen Warenverkehrs einsetzen. Für das Jahr 2009 werden wir nochmals verstärkt importierte Lebensmittel, Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, Spielwaren und sonstigen Bedarfsgegenständen überwachen. Egal woher die Ware kommt, sie muss den hohen Verbraucherschutzstandards in Deutschland genügen", sagte Verbraucherminister Peter Hauk und fordert auch die Lebensmittelwirtschaft zu erhöhten Anstrengungen auf.

Inzwischen liegen insgesamt Daten von 376 in Baden-Württemberg auf Melamin untersuchten Proben vor: darunter Backwaren, Getreideprodukte, Milch- und Käseerzeugnisse, Pudding, Sojaerzeugnisse, Speiseeis, Suppen, Süßwaren, Teigwaren, Schokolade, Kakaogetränke, Säuglingsnahrung, Diätetische Lebensmittel, Sportlernahrung, Fertiggerichte, Nahrungsergänzungsmittel, Trockeneiprodukte und Backtriebmittel. Melaminhaltig waren bisher sieben Proben Bonbons der Marke 'White Rabbit ', zwei Proben Kekse der chinesischen Marke 'Koala', eine Probe chinesischer 'Sojasnack' sowie die sieben Proben Backtriebmittel ('ABC-Trieb – Hirschhornsalz') aus fünf verschiedenen Chargen.

Zusatzinformation:

Hirschhornsalz „ABC-Trieb“, chemisch „Ammoniumhydrogencarbonat“, wird als Backtriebmittel typischerweise bei der Herstellung von Lebkuchen, Pfeffernüssen oder 'Amerikanern' eingesetzt. Während des Backvorgangs wird daraus Ammoniak und Kohlendioxid freigesetzt, wodurch der Teig an Volumen zunimmt. ABC-Trieb wird nur bei so genannten 'Flachgebäcken' eingesetzt, da bei anderen Backwaren Reste von Ammoniak im Teig verbleiben können, die den Geschmack des Produkts beeinträchtigen würden. Der Name Amerikaner stammt vermutlich von der ursprünglichen Bezeichnung Ammoniumhydrogencarbonatikaner .

Ammoniumh ydrogencarbonat wird auch als (A mmonium-bi-carbonat) bezeichnet, woraus sich auch die Abkürzung 'ABC-Trieb' ableitet. Es ist ein chemisches Produkt und wird industriell hergestellt.

Hirschhornsalz wurde früher durch trockenes Erhitzen („trockene Destillation“) von geraspelten Hirschgeweihen gewonnen, später verwendete man statt der Geweihe auch Knochen, Horn, Leder, Klauen und Ähnliches. Man verwendete es auch als mildes Riechsalz, vor allem in parfümierten Varianten.

Quelle:

Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum