Bundeswehrreform

Dritte landesweite Konversionstagung

„Ich freue mich, dass sich die Gemeinden der am stärksten von der Bundeswehrreform betroffenen Standorte im Ländlichen Raum aktiv in den Ideenfindungsprozess für zukunftsgerichtete Nachfolgenutzungen auf den militärischen Liegenschaften einbringen möchten. Die Landesregierung wird den Kommunen bei dieser anspruchsvollen Aufgabe partnerschaftlich zu Seite stehen und die Konzepte großzügig mit Landesmitteln fördern.“ Das sagte der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Alexander Bonde, auf der dritten landesweiten Tagung „Konversion in Baden-Württemberg“ in Stuttgart vor Bürgermeistern und Landräten ländlicher Räume und Gemeinden, auf die sich die Reform hart auswirken wird.
 
Bonde gab mit der Veranstaltung den Startschuss für einen intensiven Prozess der Ideenfindung in den Konversionsräumen, die derzeit in enger Abstimmung mit den Gemeinden abgegrenzt werden. „Gemäß der von Ministerpräsident Winfried Kretschmann ausgegebenen Devise ,Geld folgt Ideen‘ sind die Kommunen aufgerufen, zukunftsweisende und realisierbare Vorschläge für zivile Folgenutzungen auf den Bundeswehr-Liegenschaften zu erarbeiten“, sagte der Minister. „Auch dabei wird das Land den Konversionsräumen selbstverständlich tatkräftig unter die Arme greifen.“ So würden unter kommunaler Federführung ab sofort Kommunale Entwicklungskonzepte (KEK) erarbeitet, die das Land mit 80 Prozent der Nettokosten fördere. „Diese Kommunalen Entwicklungskonzepte sollten sich aber nicht nur auf die jeweiligen Konversionsflächen beschränken“, sagte Bonde. „Ich erwarte mir davon vielmehr auch eine Initialzündung für eine nachhaltige ländliche Regionalentwicklung, mit der zukünftigen Herausforderungen begegnet werden kann.“ Diese ergäben sich für die betroffenen Gemeinden im Ländlichen Raum aufgrund der Bevölkerungsentwicklung und anderer tiefgreifender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen.“ Sobald konkrete und realisierbare Vorschläge auf dem Tisch lägen, werde das Land deren Realisierungschancen und die Möglichkeiten einer finanziellen Förderung aus öffentlichen Mitteln rasch mit den betreffenden Kommunen erörtern, sagte Bonde zu.
 
Wegen der bedeutenden Weichenstellungen der Kommunalen Entwicklungskonzepte für die kommunale und regionale Entwicklung in den Konversionsräumen müsse deren Erarbeitung von Anfang an auf einem hohen Qualitätsniveau sowie mit einer breiten Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie aller relevanten Akteure der Region erfolgen, erläuterte der Minister weiter. Nur so sei sichergestellt, dass für die betroffenen Kommunen Lösungen im Sinne eines Alleinstellungsmerkmals gefunden werden, die auf das spezifische Profil des Standorts abgestimmt seien. „Es gibt bei der Konversion keine Lösungen von der Stange“, so Bonde. „Die Zeiten sind vorbei, in denen geradezu reflexartig Gewerbe- oder Wohngebiete auf ehemaligen Militärflächen ausgewiesen wurden. Das Letzte, was wir auf den Konversionsflächen brauchen können, sind kostspielige Investitionsruinen.“ Aus diesem Grunde habe das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz als weitere wichtige Dienstleistung des Landes für die Standortkommunen das erfahrene Fachbüro ISW Consult mit der Begleitung und Qualitätssicherung des KEK-Prozesses beauftragt. Grundlage hierfür ist ein ausführlicher Handlungsleitfaden, der auf der Konversionskonferenz vorgestellt wurde und der ab sofort auf der Homepage des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz auch zum Download zur Verfügung steht.
 
Abschließend appellierte Minister Bonde an die Bürgermeister, bei der Erstellung der Kommunalen Entwicklungskonzepte eng und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und sich nicht zu scheuen, die umfangreichen Unterstützungsangebote des Landes anzunehmen. Bonde wörtlich: „Nutzen Sie die großen Chancen, die der anstehende Ideenfindungsprozess für die Zukunftssicherung ihrer Gemeinden bietet. Übergeordnetes Ziel sollte sein, die Weichen rechtzeitig so zu stellen, dass die Qualität der Daseinsvorsorge in Ihren Gemeinden auch unter den geänderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erhalten bleibt.“
 
 
Hintergrund:
Baden-Württemberg ist von der aktuellen Bundeswehrreform stark betroffen. Von den insgesamt 30 größten Standorten werden vier komplett geschlossen Bei zehn weiteren kommt es zu einer signifikanten Reduzierung der Dienstposten. Landesweit werden rund 9.600 Dienstposten wegfallen.
 
Zwei Drittel der betroffenen Standorte liegen im Ländlichen Raum. Zu vollständigen Standortaufgaben kommt es in Sigmaringen, Hohentengen/Mengen, Immendingen und Hardheim. Ein weitestgehender Dienstpostenabbau findet in den ländlichen Garnisonen Ellwangen und Meßstetten statt. Nur in zwei Fällen - Stetten am kalten Markt und Donaueschingen - kommt es im Ländlichen Räum zur Stärkung von Standorten.
 
Die Streichung von Standorten und Dienstposten in strukturschwachen Gebieten des Ländlichen Raums ist vor allem deshalb problematisch, weil sich hier sehr rasch die Frage der Auslastung von Einrichtungen der öffentlichen und privaten Daseinsvorsorge (kommunale Versorgungsbetriebe, ÖPNV, Banken, Postfilialen, Läden, Handwerksbetriebe usw.) stellen kann. Deshalb muss hier so rasch wie möglich Klarheit darüber geschaffen werden, welche sinnvollen und langfristig tragfähigen Nachfolgenutzungen für diese Kommunen in Frage kommen können.
 
Wegen der besonderen Betroffenheit des Ländlichen Raums wurde das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit der Federführung des anstehenden Konversionsprozesses in Baden-Württemberg beauftragt.
 
Die Landesregierung hat den von der Bundeswehrreform betroffenen Kommunen zugesichert, sie beim Konversionsprozess konzeptionell und finanziell zu unterstützen.
 
Um zunächst herauszufinden, welche Bedeutung die Bundeswehr für die von der Reform besonders betroffenen, im Ländlichen Raum gelegenen Standorte Hardheim, Ellwangen, Meßstetten, Mengen/Hohentengen und Sigmaringen im Einzelnen hat, wurde das renommierte Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit der Erarbeitung einer sogenannten Räumlichen Wirkungsanalyse für jeden dieser Standorte beauftragt. Dabei wurde anhand einer Vorher-Nachher-Betrachtung analysiert, wie sich die Streichung von Bundeswehr-Dienstposten im Einzelnen auf Bevölkerungsentwicklung, Beschäftigungsmöglichkeiten und die kommunalen Finanzen auswirkt. Die Ergebnisse wurden mit den Gemeinden der genannten Standorte noch vor der Sommerpause erörtert. Auf der Grundlage dieser Betroffenheitsstudie werden derzeit sogenannte Konversionsräume in enger Abstimmung mit den Gemeinden abgegrenzt.
 
Anschließend soll für jeden Konversionsraum ein Kommunales Entwicklungskonzept (KEK) unter Federführung der betroffenen Städte und Gemeinden erarbeitet werden. Am Ende dieses partizipatorischen Ideenfindungsprozesses unter Beteiligung der Bürgerschaft und aller wichtigen Akteure auf lokaler und regionaler Ebene sollen abgestimmte Vorschläge für zukunftsweisende, realisierbare Nachfolgenutzungen der Bundeswehrliegenschaften stehen. Im Rahmen dieses Prozesses können sich auch gute Chancen ergeben, mit finanzieller Hilfe des Landes neue Akzente und Impulse für die zukünftige Gesamtentwicklung der betroffenen Gemeinden zu setzen. Die Auftragserteilung für die KEK liegt in den Händen der Gemeinden des jeweiligen Konversionsraumes.
 
Bei der dritten landesweiten Konversionstagung auf Einladung von Minister Alexander Bonde am 2. Oktober 2012 in Stuttgart wurde den Kommunen, die sich an einem KEK beteiligen wollen, sowie den Landkreisen und Regierungspräsidien der Handlungsleitfaden zu Inhalt, Zielen und Vorgehen bei der Erarbeitung der KEK vorgestellt. Dieser Handlungsleitfaden ist Teil der begleitenden Qualitätssicherung des KEK-Prozesses, mit der das MLR das erfahrene Fachbüro ISW Consult beauftragt hat. Der Auftrag umfasst neben der Betreuung vor Ort die Überwachung des zeitlichen Ablaufs, die Prüfung von Zwischenberichten und die Gesamtevaluierung des Projekts.
 
Räumliche Wirkungsanalayse und begleitende Qualitätssicherung der KEK werden im vollen Umfang aus Landesmitteln finanziert und sind als wichtige Dienstleistungen des Landes zur konzeptionellen Unterstützung des Konversionsprozesses anzusehen. Die Auftragsvergabe für die Erstellung der KEK erfolgt eigenverantwortlich durch die Gemeinden der Konversionsräume an erfahrene Fachbüros. Das Land beteiligt sich zu 80 Prozent an den Nettokosten.
 
Detaillierte Hintergrundinformationen zum Konversionsprozess sind im Internet auf der Homepage des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz unter www.mlr.baden-wuerttemberg.de/Konversion/106331.html zu finden. Der Handlungsleitfaden für die Erstellung von Kommunalen Entwicklungskonzepten (KEK) steht unter www.mlr.baden-wuerttemberg.de/mlr/presse/Handlungsleitfaden.pdf zum Download zur Verfügung.