Verbraucher

Minister Hauk: "Nur informierte Verbraucher können starke Marktpartner in der Krise sein"

Einen Ausbau der Verbraucherforschung als Grundlage einer erfolgreichen Verbraucherpolitik forderten der baden-württembergische Verbraucherminister, Peter Hauk MdL, und der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Gerd Billen, am Donnerstag (14. Mai) in Berlin. Die Analyse des Verbraucherverhaltens und der Märkte müsse Grundlage für politische Entscheidungen sein.

Im Rahmen einer Veranstaltung, zu der das baden-württembergische Verbraucherministerium gemeinsam mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) in die Landesvertretung eingeladen hatten, stellte der Minister ein Diskussionspapier zur neuen verbraucherpolitischen Strategie des Landes Baden-Württemberg vor. Gerd Billen präsentierte gemeinsam mit Prof. Dr. Lucia Reisch, Professorin an der Copenhagen Business School und der SRH Hochschule Calw, die Studie ' Behavioral Economics – Eine neue Grundlage für die Verbraucherpolitik?'.

"Die von Baden-Württemberg entwickelte 'Verbraucherpolitische Strategie' soll für die nächsten Jahre die Leitlinie unserer Verbraucherpolitik in Baden-Württemberg sein und den Verbraucher in seiner Rolle als Marktpartner stärken. Neue Herausforderungen brauchen neue Ansätze. Um diesen zu begegnen, stützen wir uns auf wissenschaftliche Erkenntnisse der Verhaltensökonomik", sagte der baden-württembergische Verbraucherminister bei der Expertendiskussion zur neuen 'Verbraucherpolitischen Strategie' von Baden-Württemberg.

Im Mittelpunkt der vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Auftrag gegebenen Studie zum Verbraucherverhalten standen die Fragen: 'Welche neuen Erkenntnisse gibt es über das Verhalten von Verbrauchern in Entscheidungssituationen, welche neuen Anforderungen kommen auf die Verbraucher zu' und 'Welche konkreten Anforderungen ergeben sich aus diesen Erkenntnissen für die Verbraucherpolitik?' Das Ergebnis: In der praktischen Verbraucherarbeit ist eine wachsende Kluft zu sehen zwischen dem, wie Verbraucher sich im Alltag verhalten und dem, wie sie in gängigen Leitbildern beschrieben werden. Empirische Studien geben neue Einsichten, wie Verbraucher Informationen verarbeiten und Entscheidungen treffen. Das 'begrenzt rationale Verhalten' müsse die neue Grundlage der Überlegungen zu einer neuen Verbraucherpolitik sein, betonten Billen und Reisch.

Als Konsequenz fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband einen 'Verbraucher-Check' von Gesetzen. Auswirkungen verbraucherpolitischer Maßnahmen müssten vorab in Studien begutachtet werden. Zudem müsse eine 'Folgenabschätzung' der Wirkung auf Verbraucher zu jedem Gesetzentwurf gehören. Die Erkenntnisse über das Verhalten und die Bedürfnisse von Verbrauchern müssten systematisch und konsequent in die Formulierung und Durchführung der Verbraucherpolitik einfließen. „Das bessere Wissen um das reale Verhalten von Verbrauchern wird die vorhandene Verbraucherpolitik nicht komplett umkrempeln. Es wird die Verbraucherpolitik aber erfolgreicher machen“, prognostiziert Billen.

Mit der 'Verbraucherpolitischen Strategie' legte Baden-Württemberg als erstes Bundesland ein auf diesen Untersuchungen basierendes theoretisches Fundament für seine Verbraucherpolitik vor. Auf der Grundlage empirisch ermittelter Befunde aus der Verhaltensökonomik leitet das Land Anhaltspunkte für verbraucherpolitische Maßnahmen ab. "Wenn die Verhaltensökonomik beispielsweise feststellt, dass unvorbereitete Verbraucher sich am Telefon leicht überrumpeln lassen, muss das Widerrufsrecht verbessert werden. Wenn die Mehrheit der Verbraucher sich außerdem scheut, einer zugesandten Vertragsbestätigung zu widersprechen, dann sollten Verträge erst dann wirksam werden, wenn der Kunde sie wirklich möchte und dem schriftlich zustimmt. Baden-Württemberg wird die interdisziplinäre verbraucherpolitikorientierte Forschung noch stärker unterstützen", erklärte Minister Hauk.

Der private Konsum sei ein wesentlicher Faktor für die inländische Wirtschaftsentwicklung. Baden-Württemberg sehe seine Verbraucherpolitik daher auch als eine aktive Wirtschaftspolitik für die Nachfrageseite. Der Verbraucher könne aber nur dann mehr Gewicht am Marktgeschehen haben und dem Leitbild des souveränen Konsumenten entsprechen, wenn er so gut wie möglich informiert, mit Kompetenzen ausgestattet und beraten werde. "Informations-, Bildungs- und Beratungsmaßnahmen sind deshalb ein Schwerpunkt der verbraucherpolitischen Strategie. Besondere Zielgruppen wie Kinder, Jugendliche oder Senioren brauchen darüber hinaus oft mehr Schutz als andere Verbrauchergruppen", betonte Hauk.

Diese klassischen Instrumente werden um neue instrumentelle Ansätze ergänzt. Das 4-E-Modell – ' Enable , Encourage , Engage , Exemplify ' (befähigen, anregen, einbeziehen, veranschaulichen) – versetzt die Politik in die Lage, Verbraucher zu bestimmten Verhaltensweisen zu befähigen, Anreize für bestimmte Verhaltensweisen zu schaffen, Verbraucher zu mobilisieren und mit gutem Beispiel voranzugehen. Wenn die Energieberatung bei einer Verbraucherzentrale es beispielsweise schaffe, Kompetenzen zu ganz bestimmten Stromsparmaßnahmen zu vermitteln, liefe dies über das Instrument der Beratung.

"Zusammenarbeit mit möglichst vielen gesellschaftlichen Akteuren ist uns besonders wichtig. Denn nur gemeinsam können wir die Herausforderungen der sich rasch verändernden Verhältnisse erfolgreich meistern", appellierte Minister Hauk.

Weitere Informationen zur Verbraucherpolitik in Baden-Württemberg und der neuen Verbraucherpolitischen Strategie sind auf der Internetseite des Verbraucherministeriums Baden-Württemberg abrufbar.

Quelle:

Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum