Agrar

Minister Hauk zu aktuellen Entwicklungen auf den Agrarmärkten

"Auf den meisten Agrarmärkten herrscht jetzt der seit langer Zeit erwartete Aufschwung. Der weltweite "Rohstoffhunger" hat endlich auch die agrarischen Rohstoffe erfasst und die für Landwirte und Gärtner seither bedrückende Situation verändert. Deshalb muss bereits jetzt reagiert und marktregulierende Maßnahmen müssen schnellstens überprüft werden. So muss zum Beispiel die Milchquote auslaufen, damit die Landwirte die Chance auf einen fairen Wettbewerb haben. Dem marktgerecht produzierenden Landwirt dürfen durch eine überflüssige Marktregulierung keine Zukunftschancen genommen werden. Die EU-Kommission muss deshalb bald möglichst ein Ausstiegsszenario aus der Milchquotenregelung zusammen mit den notwendigen Begleitmaßnahmen entwerfen und dieses schnellst möglich im Agrarrat verhandeln", sagte der baden-württembergische Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Peter Hauk MdL, am Mittwoch (1. August) auf dem Ihinger Hof in Renningen (Landkreis Böblingen).

Auf dem weltweiten Milchmarkt haben die Preise einen historischen Höchststand erreicht. Die öffentlichen Interventionslager für Butter und Magermilchpulver sind geräumt. Für die Landwirte erfreulich ist, dass die Molkereien derzeit die Auszahlungspreise erhöhen und damit das Milchpreistief verlassen, das zu ernsten Liquiditätsproblemen bei den landwirtschaftlichen Betrieben geführt hat.

Auch der Getreidemarkt zeigt ein Preisniveau, das der heimischen Landwirtschaft wieder Entwicklungschancen bietet. "Vielfach geäußerte Befürchtungen, dass Verarbeitungsbetriebe und Handel die gestiegenen Rohstoffpreise für kräftige eigene Aufschläge nutzen, sieht Hauk gelassen. Der harte Wettbewerb auf der Verarbeitungsstufe und im Lebensmitteleinzelhandel werde, so Hauk, die Bäume nicht in den Himmel wachsen lassen. Der Handel könne die aktuelle Situation allenfalls kurzfristig aufheizen. Im harten Kampf um Marktanteile werde sich mittelfristig das Preisniveau für Agrarprodukte und verarbeitete Lebensmittel auf einem von Angebot und Nachfrage bestimmten Niveau einpendeln. Eine dem Mineralölmarkt vergleichbare Situation, in der wenige Anbieter abwechselnd immer wieder an der Preisschraube drehen, sei auf dem Lebensmittelmarkt nicht zu befürchten.

"Die Situation in Europa unterscheidet sich grundlegend von der Weltmarktsituation. In der Europäischen Gemeinschaft wird ein Selbstversorgungsgrad bei Getreide bis zum Jahr 2013 zwischen 106 und 108 Prozent vorausgesagt, was gute Exportchancen bedeutet. Die bisherigen agrarpolitischen Instrumente wie zum Beispiel Flächenstilllegungen, Interventionen, Exportsubvention müssen dabei zunehmend in Frage gestellt und nach und nach abgeschafft werden. Speziell die Flächenstilllegung bedeutet eine künstliche Verknappung. Der Markt aber verlangt nach mehr hochwertigem Getreide, so wie es in Europa umweltgerecht produziert werden kann. Die stillgelegten Flächen dürfen den Landwirten nicht länger für die wieder rentable Nahrungsmittelproduktion vorenthalten werden", forderte Minister Hauk.

Hauk erinnerte daran, dass deutsche Verbraucher im internationalen Vergleich nach wie vor am wenigsten für Lebensmittel ausgeben müssten. Diese zu Lasten der heimischen Landwirtschaft lange andauernde Situation weiche jetzt einer zunehmend vom freien Spiel der Kräfte bestimmten Marktlage. Vor allem auch für die Verbraucher sei es ein entscheidender Vorteil, wenn die heimische Land- und Ernährungswirtschaft ihre hochwertigen Erzeugnisse nicht länger unterhalb der Gestehungskosten anbieten müsse, denn ein breites Angebot heimischer Qualität sei damit gesichert.

Auf Grund der starken Nachfrage aus dem Ausland wird derzeit der Milchmarkt angekurbelt. Davon können unsere leistungs- und entwicklungsfähigen Höfe in Baden-Württemberg nur dann wirklich profitieren, wenn die Milchquote ausläuft. Unsere Molkereien bieten beste Qualität und auch chancenreiche Spezialitäten. Sie müssen bei wachsender internationaler Nachfrage erfolgreich agieren können, erklärte Hauk. Die Milchquote wird dabei immer mehr zum Hemmnis, denn sie bedeutet im wachsenden Markt nichts anderes als eine begrenzte Rohstoffzufuhr und hindert die Molkereien an der Realisierung ihrer Marktchancen. "Unsere Milcherzeuger und unsere Molkereien dürfen von der EU nicht länger an die Kette gelegt werden, während ihre internationalen Wettbewerber marktgerecht produzieren", so Minister Peter Hauk.  

Die Obst- und Gemüsemärkte entwickeln sich schon seit Jahren positiv. Dieser Sektor profitiert besonders von den Megatrends Gesundheit, Wellness und Convenience . "Die baden-württembergische Obst- und Gemüsewirtschaft nutzt diese Entwicklung und setzt konsequent auf Qualität, Frische, Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz", erklärte Minister Hauk. Der Zusammenschluss heimischer Betriebe zu Erzeuger- und Marktgemeinschaften bleibe weiter ein Thema, um Marktanteile gegenüber großen Mitbewerbern zu sichern. Das Obst- und Gemüseland Baden-Württemberg sei stark. "Es hat weiterhin alle Chancen, wenn es gelingt, unser in der Qualität hervorragendes Angebot für den heimischen und internationalen Markt noch besser zu bündeln", sagte der Minister.

Lediglich die Märkte für Vieh und Fleisch blieben gegenwärtig noch hinter der Entwicklung zurück. Während für die Ackerbauern die Preiserhöhungen direkt wirksam werden, bedeutet dies für die Veredelungswirtschaft zunächst höhere Kosten. So lägen zum Beispiel bei Schweinen und Geflügel die Futterkosten mehr als 30 Prozent über dem Vorjahr. Diese gestiegenen Kosten konnten bislang am Markt nicht in höheren Preisen realisiert werden.

Auf dem Getreidesektor liegen die Großhandelspreise für die neue Getreideernte bei Brotweizen nunmehr bei 19 Euro pro Doppelzentner ( dt ), gegenüber 10,8  Euro/dt im Vorjahr. Die Terminmärkte zeigen mit 20  Euro/dt für die nächsten Monate weiter eine feste Tendenz an. Noch extremer zeigt sich der Braugerstenmarkt. Hier liegen die Preise für die Mälzereien jetzt bei 24,5  Euro/dt , gegenüber 13,5  Euro/dt im Vorjahr.

"Gerade auf dem Getreidemarkt zeigen sich die Auswirkungen der Internationalisierung und Globalisierung am augenfälligsten, weil die Getreidepreise den Eckpfeiler des Agrarpreissystems bilden", so Hauk. Auf den Weltmärkten werde die Nachfrage nach Getreide als Lebens- und Futtermittel weiter steigen. Die Weltmarktpreise werden insgesamt weiter anziehen, doch sei auf einem stärker von der Nachfrage dominierten Getreidemarkt dann auch mit höheren saisonalen Preisschwankungen zu

rechnen.

Bereits in den letzten Jahren hat der Verbrauch die Produktion von Getreide weltweit überschritten, was zu einem stetigen Abbau der Getreidevorräte geführt hatte. Dieser Abbau werde auch im Wirtschaftsjahr 2007/2008 weiter gehen und die internationalen Getreidevorräte werden auf absehbare Zeit weiter abnehmen. Nach den Prognosen des IGC (International Grains Council) werde die Reichweite im Wirtschaftsjahr 2007/08 nur noch 51 Tage betragen.

Die Versorgung der Verbraucher mit hochwertigem Mehl und Getreideprodukten bleibe gesichert. "Auf Grund der steigenden Getreidepreise werden die Verbraucherpreise nur gering bis leicht ansteigen. Da die Preisanteile des vom Landwirt gelieferten Getreides am Endprodukt nur sehr gering sind, (bei Brötchen zwei Prozent, bei einem Liter Bier fünf bis sechs Prozent, bei einem Kilo Schweinefleisch fünf bis zehn Prozent) werden sich die Auswirkungen auf die Verbraucherpreise insoweit in Grenzen halten", betonte Minister Hauk.

"Nach Jahrzehnten der Überschüsse und der Reglementierung bekommt unsere Landwirtschaft jetzt nach und nach die notwendigen Marktchancen für ihre hochwertigen Erzeugnisse. Das ist ein Grund zur Freude für die meisten unserer Bauern und Gärtner, aber auch für die Verbraucher, denen ein breites Angebot bester heimischer Ware zum marktgerechten Preis zur Verfügung steht. Natürlich besteht in nächster Zeit eine gewisse Gefahr, dass der eine oder andere Anbieter die anziehenden Preise für eigene zusätzliche Aufschläge nutzt. Das wird aber auf Grund des sehr breiten Angebots und des Wettbewerbs im deutschen Lebensmittelhandel allenfalls vorübergehend gelingen. Kritisches und preisbewusstes Verbraucherverhalten wird auf Dauer keine übermäßige Trittbrettfahrerei zulassen ," so die Schlussfolgerung von Minister Peter Hauk.

Quelle:

Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum