Verbraucherschutz

Schlichtungsstelle für den Online-Handel wird ausgebaut

Die Schlichtungsstelle für den elektronischen Geschäftsverkehr (www.online-schlichter.de) steht zukünftig neben Verbrauchern aus Baden-Württemberg auch Verbrauchern aus Hessen offen. Das Hessische Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wird sich ab 1. Juli 2011 an dem vom baden-württembergischen Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz im Jahr 2009 initiierten Projekt beteiligen. Verbraucher können sich in Streitfällen mit einem Online-Händler an die Schlichtungsstelle wenden und kostenlos Hilfe erhalten.
 
„Ich freue mich über die Beteiligung eines weiteren Bundeslandes an der von Baden-Württemberg ins Leben gerufenen Schlichtungsstelle. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer bundesweiten Online-Schlichtungsstelle. Ich lade auch andere Länder ein, sich im Interesse ihrer Verbraucherinnen und Verbraucher zu beteiligen“; sagte der baden-württembergische Verbraucherschutzminister Alexander Bonde am Donnerstag (30. Juni 2011) in Stuttgart. Auch die Wirtschaft solle sich an dem Projekt beteiligen, damit die Online-Schlichtungsstelle endlich Verbrauchern im ganzen Bundesgebiet zur Verfügung stehen könne. Schließlich profitierten nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Unternehmen von der Online-Schlichtung. Geschäftsbeziehungen könnten nach zufriedenstellender Lösung weitergeführt werden, Gerichte würden entlastet und Verbraucher hätten eine konkrete Anlaufstelle. „So entsteht Vertrauen beim Kunden, das sich auch im Kaufverhalten niederschlägt“, unterstrich Bonde. „Gerade bei einem oft geringem Streitwert ist die Hemmschwelle der Verbraucher zu klagen groß. Eine außergerichtliche Einigung erspart den Beteiligten einen anstrengenden Rechtsstreit“, betonte die hessische Verbraucherschutzministerin Lucia Puttrich.
 
„Einkäufe im Internet werden immer beliebter und selbstverständlicher. Wo Licht ist, ist aber auch immer Schatten“, so Puttrich. Nicht selten gibt es Streit zwischen Verbrauchern und Unternehmen, weil ein Produkt nicht die versprochene Eigenschaft hat, bei einer Dienstleistung nicht ordnungsgemäß über die Kosten informiert wurde oder Waren nach Zahlung per Vorkasse nicht oder verspätet geliefert werden. „Es ist eine Win - win -Situation für alle Streitbeteiligten, an der nun auch hessische Verbraucher und Unternehmen teilhaben können“, so Puttrich. 
 
Wer online einkauft, möchte sich auch online beschweren. Mit dieser Maßgabe startete im Juni 2009 das Pilotprojekt Schlichtungsstelle „Der Online-Schlichter“. Die Schlichtungsstelle vermittelt seither zwischen Verbrauchern und Online-Händlern bei Streitigkeiten über online geschlossene Verträge, beispielsweise wenn die online bestellte und bezahlte Ware nicht geliefert wird. Ziel ist es, eine einvernehmliche und rasche Lösung für die Streitigkeit zu finden, was auch in rund drei Viertel aller Fälle gelingt. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer pro Fall beträgt dabei gut anderthalb Monate und ist damit wesentlich schneller als ein Gerichtsverfahren. Zwei Jahre nach Schaffung der Schlichtungsstelle steigt nun mit Hessen ein weiteres Bundesland in das Projekt ein und öffnet seinen Bürgern den Weg zu mehr Verbraucherschutz im Internet.
 
Ab 1. Juli 2011 können sich Verbraucher mit Wohnsitz in Hessen und Baden-Württemberg bei Streitigkeiten mit einem deutschen Online-Händler an die Schlichtungsstelle wenden - ganz einfach über ein spezielles Formular auf der Internetseite www.online-schlichter.de . Die Schlichtungsstelle steht auch allen Verbrauchern aus Deutschland zur Verfügung, die sich gegen einen Händler mit Sitz in Hessen oder Baden-Württemberg beschweren möchten. Einzige Bedingung ist, dass der Vertrag online geschlossen wurde. Meist handelt es sich dabei um online bestellte Ware, aber auch mehr und mehr Verträge aus anderen Bereichen, wie zum Beispiel Reise, Freizeitgestaltung, Stromlieferung, werden heutzutage online abgeschlossen.
 
Beispielfälle:
 
Herr W. kaufte im Sommer 2010 online einen Grill zum Preis von rund 170 Euro. Der Grill wurde auch prompt geliefert, ließ sich allerdings nicht wie vorgesehen zusammenbauen. Herr B. kontaktierte den Händler umgehend, der jedoch nicht tätig wurde. Herr W. wandte sich Anfang 2011 mit seinem Problem an die Schlichtungsstelle, die den Händler kontaktierte. Herrn W. wurde daraufhin kostenlos ein neuer Grill geliefert.
 
Frau L. schloss online einen Handyvertrag ab. Inhalt dieses Vertrages war, dass sie eine niedrige Grundgebühr von rund 9 Euro monatlich bezahlen sollte. Anschließend wurde jedoch eine andere, höhere Grundgebühr von ihrem Konto abgebucht, die darauf beruhte, dass ihr noch eine kostenpflichtige Flatrate berechnet wurde, die Frau L. gar nicht abschließen wollte. Die Schlichtungsstelle kontaktierte den Telefonanbieter. Frau L. wurde künftig der vereinbarte Betrag in Höhe von 9 Euro berechnet. Die Flatrate wurde gekündigt und die zu viel bezahlten Beträge erstattet.  
 
Herr S. bestellte im Herbst 2010 online mehrere T-Shirts für rund 120 Euro bei einem Online-Händler in Sachsen-Anhalt. Obwohl er das Geld bezahlte, wurde die Ware nicht geliefert und der Händler war nicht mehr zu erreichen. Nach mehreren Monaten vergeblichen Wartens wandte sich Herr S. schließlich im Februar 2011 an die Schlichtungsstelle. Nach mehrfacher Intervention seitens der Schlichtungsstelle bot der Händler schließlich an, entweder das Geld zurückzuzahlen oder andere T-Shirts zu liefern. Herr S. entschied sich für die Erstattung des Kaufpreises und erhielt sein Geld auf diese Weise zurück.
 
Herr und Frau P. entschieden sich aus Preisgründen Ende 2010 für einen Wechsel ihres Stromanbieters. Den Wechsel beantragten sie online. Anschließend berechnete der Anbieter ihnen teurere Strompreise, obwohl er ursprünglich mit niedrigen Strompreisen geworben hatte. Grund war eine versteckte Strompreiserhöhung. Die Schlichtungsstelle prüfte den Fall und kam zu dem Schluss, dass der Vertrag zu dem niedrigen Preis geschlossen war und dass die Erhöhung unwirksam war. Diese Auffassung teilte die Schlichtungsstelle dem Strompreisanbieter anschließend auch mit. Herrn und Frau P. wird künftig der Strom zum vereinbarten niedrigen Preis geliefert werden.
 
 
Weitere Informationen zum Online-Schlichter finden Verbraucher unter www.online-schlichter.de oder:
 
Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V.
Der Online-Schlichter Baden-Württemberg und Hessen
Bahnhofsplatz 3
77694 Kehl
Tel. + 49 78 51 / 991 48 0

Quelle:

Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg / Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz