Algorithmen

#seiunberechenbar ... auf Social Media

Welche Posts von Freunden, Nachrichten, Werbung werden mir angezeigt? Das entscheiden soziale Netzwerke mit Algorithmen ganz automatisch. Aber: Man kann sie teilweise abschalten. Wir zeigen, wie.

Soziale Medien würden ohne Mechanismen aus dem realen Leben nicht funktionieren – denn sie bilden menschliche Beziehungen digital ab. Mehr noch: Sie gewichten sie. Und genau hier kommen Algorithmen ins Spiel. Abhängig davon, wie häufig Personen in Kontakt stehen, welche Beiträge von welchen Kontakten man liked, teilt oder kommentiert und wie viel Zeit man mit dem sozialen Netzwerk verbringt, entscheiden sie darüber, welche Beiträge man von Freunden sieht und welche nicht.

Das Maß an Interaktion entscheidet also über den Grad an Sichtbarkeit: Je mehr Interaktion zwischen zwei Nutzern stattgefunden hat, desto höher stuft der Algorithmus das gegenseitige Interesse ein. Es werden überwiegend Beiträge angezeigt, auf die man als Nutzer oft reagiert hat, neue Themen oder gegenteilige Meinungen sind so gut wie nie darunter. Der Algorithmus präsentiert das, was den Nutzer interessiert. Likes verraten es schließlich – oder das Lesen von Artikeln, die man liken kann, denn: Ist man etwa bei Facebook eingeloggt, während man surft, weiß die Plattform, wo man sich bewegt, sofern auf den besuchten Seiten ein Like-Button eingebunden ist.

Die Interessen der Nutzer sind nicht die einzige Datengrundlage für Social-Algorithmen: Je mehr Nutzer mit einem Beitrag interagieren – ihn also kommentieren oder teilen, desto stärker wird er vom Algorithmus gewichtet.  Falschmeldungen („Fake-News“) oder Hasskommentare („Hate-Speech“) werden deshalb teilweise bevorzugt vom Algorithmus verbreitet. Nicht umsonst unterhalten die Social-Media-Plattformen eigene Teams, die sich darum bemühen, Fake-News und Hate-Speech von den Plattformen zu verbannen.

Der Nutzungsgrad der Plattformen ist ebenfalls ein Faktor, der zur Entscheidung beiträgt, welche Beiträge angezeigt werden: Posts von denjenigen, die die Plattform intensiv nutzen, werden besser platziert als solche von passiven Social-Media-Nutzern.

Folgende auf Algorithmen basierende Funktionen sind von Facebook und Twitter wieder entfernt worden: Die 2014 auf Facebook eingeführte „Trending“-Funktion. Sie wurde in der Vergangenheit verstärkt zur Manipulation und Meinungsmache missbraucht, hauptsächlich von Programmen, die bestimmte Beiträge automatisch, ganz ohne Menschenhand, geliked, geteilt oder kommentiert haben („Social Bots“). Twitter hat ähnlich reagiert: Die Tweets lassen sich jetzt nicht nur sortiert durch den Algorithmus anzeigen, sondern ungefiltert chronologisch.

Auch wenn die Plattform-Betreiber den Einsatz von Algorithmen ein Stück weit wieder korrigieren, braucht es ein Bewusstsein dafür, dass es diese automatisierten Entscheidungen gibt – und mit ihnen Teil-Öffentlichkeiten, Filterblasen und Co. „Zusätzlich gibt es Möglichkeiten, Voreinstellungen zu machen in den Sozialen Medien, dass nicht immer alles getrackt wird“, so Jessica Heesen, Leiterin des Forschungsschwerpunkts Medienethik und Informationstechnik an der Universität Tübingen. Damit fällt es Algorithmen schwerer, Filterblasen zu schaffen. Wie diese Möglichkeiten aussehen und was jeder Einzelne noch tun kann, um den Einfluss von Filterblasen zu minimieren, erklären wir.

So mache ich mich #unberechenbar auf Social Media

1. Umfassend und kritisch informieren

Die Social-Media-Nachrichtenlage alleine zu verfolgen, reicht nicht. Etablierte Qualitätsmedien, wie Nachrichtenmagazine, Zeitschriften, Zeitungen, Fernseh- oder Radiosender sollten ergänzend genutzt werden, ob online, per App, Radio, Fernsehen oder Zeitung. Dort arbeiten Journalisten, die einer Sorgfaltspflicht unterliegen und ihr Handwerk gelernt haben. Schließlich ist der Stammtisch im wahren Leben auch nicht die einzige Informationsquelle. Prüfen Sie die Nachrichten auf Social Media gründlich: Wohin führt der Link? Ist die Quelle vertrauenswürdig? Ein Blick ins Impressum der verlinkten Seite hilft meistens. Seien Sie vorsichtig bei Fotos: Am sichersten ist es, das Bild aus den Social-Media-Plattformen auf dem Rechner abzuspeichern und damit beispielsweise auf Google eine umgekehrte Suche durchzuführen: Klick auf „Bilder“, das Kamera-Symbol, „Bild hochladen“. So erkennen Sie ganz einfach, ob ein Bild aus dem Kontext gerissen wurde oder nicht.

Umgekehrte Bildersuche:

Algorithmen - Sei unberechenbar

Umgekehrte Bildersuche:

Algorithmen - Sei unberechenbar

Umgekehrte Bildersuche:

Algorithmen - Sei unberechenbar

Umgekehrte Bildersuche:

Algorithmen - Sei unberechenbar

2. Social Media bewusst nutzen

Gerade ein wenig auf Facebook gestöbert, LinkedIn gecheckt und dann kurz auf Pinterest gewesen? Danach abmelden bzw. die App schließen! Ist die App weiter im Hintergrund geöffnet oder läuft Facebook in einem anderen Browsertab weiter, merkt sich die Plattform das Surf-Verhalten – zumindest bei den Seiten, die Like-Buttons von Facebook verwenden und kann sie mit dem eigenen Nutzeraccount in Verbindung bringen. Zusätzlich sollte ein Tracking-Blocker im Browser installiert sein, um wirklich sicherzugehen, dass keinerlei persönlicher Daten beim Surfen an die Social-Media-Plattformen geht. Tipp: uBlock Origin, Tracing-Blocker-Testsieger bei Stiftung Warentest.

3. Machen Sie Gebrauch von Ihrem „Recht auf Vergessen werden“

Das Recht auf Vergessen werden ist mittlerweile ausdrücklich in Artikel 17 der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) geregelt. Es bezieht sich dabei unter anderem auf die Ergebnisse bei Suchmaschinendiensten. Betroffene dürfen eine Löschanfrage gegenüber den Suchmaschinenanbietern stellen, wenn sie einzelne Suchergebnisse, die zu ihrer Person gespeichert sind, nicht aufgelistet sehen wollen – mehr Informationen hierzu finden Sie hier. Bei Bewilligung eines begründeten Löschantrags werden lediglich die Suchergebnisse nicht mehr gelistet. Die Löschung der Informationen auf den Websites, die diese Daten listen, muss bei den Betreibern der einzelnen Domains gesondert beantragt werden.

4. Spurenlos surfen

Um möglichst wenig persönliche Daten im Netz preiszugeben, können Schutz-Tools eingesetzt werden: Sie verbergen die IP-Adresse, löschen Browserspuren, lassen Tracking nicht zu oder verteilen Suchanfragen auf mehrere Suchmaschinen. Neben uBlock Origin gibt es beispielsweise:

  • NoScript: Kostenloses Add-On für Firefox und GoogleChrome, das automatisch alle „aktiven Elemente“ auf Webseiten blockiert – etwa gefährliche JavaScripts, aber auch solche, die für die Funktionsweise der Website erforderlich sind. Empfehlenswert für versierte Benutzer, da moderne Websites ohne bestimmte Java-Scripts nicht nutzbar sind.
  • Privacy Badger: Kostenloser Werbe- und Cookie-Blocker von der Electronic Frontier Foundation für bestimmte Versionen von Chrome, Firefox, Opera und Firefox for Android.

5. Nutzungsbasierte Werbung in Social Media deaktivieren

Bei Facebook geht das in drei Schritten: Klick auf Einstellungen, dann Werbeanzeigen. Unter dem Punkt „Werbeanzeigen auf Basis deiner Klicks auf Facebook“ den Regler auf „Niemand“ setzen. Die Punkte „Werbeanzeigen auf Basis von Partnerdaten“ und „Werbeanzeigen, die du außerhalb von Facebook siehst und die auf deinen Aktivitäten in Produkten der Facebook-Unternehmen basieren“ auf „Nicht zulassen“ schalten.

Nutzungsbasierte Werbung in Facebook deaktivieren:

Algorithmen - Sei unberechenbar

Nutzungsbasierte Werbung in Facebook deaktivieren:

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Nutzungsbasierte Werbung in Facebook deaktivieren:

Algorithmen - Sei unberechenbar

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Bei LinkedIn ist das auch ganz einfach: Klick auf „Einstellungen und Datenschutz“, dann auf „Werbung“. Dort alle nicht erwünschten Datensammlungen und -nutzungen untersagen: Klick auf „Ändern“ und den Schieberegler auf „Nein“ stellen.

Nutzungsbasierte Werbung in LinkedIn deaktivieren:

Algorithmen - Sei unberechenbar

Nutzungsbasierte Werbung in LinkedIn deaktivieren:

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Nutzungsbasierte Werbung in LinkedIn deaktivieren:

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Bei Xing (für zahlende Mitglieder): Klick auf „Einstellungen“, „Privatsphäre“, „Datenschutz“, „Tracking“. Dort die beiden Schieberegler deaktivieren.

Nutzungsbasierte Werbung in Xing deaktivieren:

Algorithmen - Sei unberechenbar

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Nutzungsbasierte Werbung in Xing deaktivieren:

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Auf Twitter klickt man, über den Browser angemeldet, auf „Mehr“, „Einstellungen und Datenschutz“, „Datenschutz und Sicherheit“ und „Individualisierung und Daten“. Dort den Schieberegler auf „Aus“ setzen und alle Häkchen bei den darunterliegenden Optionen entfernen.

Nutzungsbasierte Werbung in Twitter deaktivieren:

Algorithmen - Sei unberechenbar

Nutzungsbasierte Werbung in Twitter deaktivieren:

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Nutzungsbasierte Werbung in Twitter deaktivieren:

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Nutzungsbasierte Werbung in Twitter deaktivieren:

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Nutzungsbasierte Werbung in Twitter deaktivieren:

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6. Newsfeed-Einstellungen nutzen

Facebook lässt Sie den Newsfeed beeinflussen: Im Browser auf Facebook anmelden. Klick auf den Pfeil oben rechts, dann „News Feed-Einstellungen“ wählen. Hier können Sie Freunde oder abonnierte Unternehmen festlegen, deren Inhalte priorisiert angezeigt, oder Personen und Gruppen auswählen, die gar nicht mehr angezeigt werden sollen. Natürlich kann man einmal getroffene Einstellungen auch wieder rückgängig machen – unter dem Punkt „Verbinde dich erneut mit Personen und Gruppen, die du nicht mehr abonniert hast“.

Einstellung Newsfeed Facebook:

Algorithmen - Sei unberechenbar

Einstellung Newsfeed Facebook:

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Auf Twitter kann man den Sortier-Algorithmus ganz einfach ausschalten und die Tweets in chronologischer Reihenfolge anzeigen lassen: Einfach in der App oder im Browser oben rechts auf die Sternchen tippen. Dann „Stattdessen die neusten Tweets anzeigen“. Nach einem Klick auf „Inhaltsvorlieben“ und „Trends“ können diese ebenfalls deaktiviert werden: Twitter zeigt dann keine beliebten Tweets aus der Nähe und von Personen, denen man folgt, mehr an.

Einstellung Newsfeed Twitter:

Algorithmen - Sei unberechenbar

Einstellung Newsfeed Twitter:

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Einstellung Newsfeed Twitter:

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Einstellung Newsfeed Twitter:

Algorithmen - Sei unberechenbar

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Das sagen die Experten

Prof. Dr. Stefan Funke zum Thema Social Media

Sichtbarkeit von Freunden, Kontaktvorschläge, personalisierte Werbung oder sogar die eigenen Bilder? – was einmal im Internet veröffentlich ist, wird unberechenbar.

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